Leben Sie Ihre persönliche «Compliance mit Ease»? – Teil 2

Wissen Sie, wann Ihr persönliches Regelwerk und Ihre Werte entstanden sind? Alexandra Meures zeigt in ihrem Artikel, was unsere frühen Entwicklungsphasen mit unserem heutigen Wohlbefinden zu tun haben.

Autor/in Alexandra Meures
Datum 29.04.2019
Lesezeit 14 Minuten

In meinem vorherigen Blog habe ich Ihnen ein paar bündige Methoden genannt, mit denen Sie für sich abgleichen konnten, worauf Ihre persönliche «Compliance» gründet – denn diese steuert Ihre Zufriedenheit und Gesundheit und damit wiederum Ihre Stress-Resilienz. 

Dazu haben Sie unter anderem Ihre persönlichen «Werte, Regeln und Rituale» reflektiert, um herauszufinden was Ihnen im Leben täglich aufs Neue Energie gibt, bzw. Ihnen Energie raubt.

Zudem hatten Sie die Möglichkeit, zu notieren, in welchem Alter, welche Personen besonders viel Einfluss auf Ihr «Regelwerk» hatten, also wer Sie in jungen Jahren bereits stark geprägt hat.

Das jeder Mensch die Summe seiner «aus der Prägung hervorgegangenen neuronalen Vernetzungen» ist, ist seit vielen Jahrhunderten bekannt und seit einigen Dekaden auch wissenschaftlich belegt. Die Summe der frühkindlichen Prägungen begleitet uns unser Leben lang – dies unbewusst sowie auch bewusst. Der bekannte Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie, C.G. Jung sagte vor fast einem Jahrhundert, dass «das Unbewusste nach Bewusstwerdung im Menschen strebe». Es ist ein Teil der Persönlichkeitsentwicklung und ein Prozess, der durch vielerlei Faktoren angestossen sowie auch beeinflusst werden kann.

Bergen Sie Ihren persönlichen Schatz

Macht man sich Erkenntnisse, die man in diesem Prozess gewinnt, gezielt zu Nutze, so «räumt man im eigenen Dachstübchen» auf, entsorgt die nicht gewünschten Erbstücke und poliert die Schätze, bis sie in Hochglanz erstrahlen. Bei einer dieser persönlichen Kostbarkeiten geht es um Ihre Zufriedenheit und Gesundheit, denn wahrscheinlich möchten auch Sie täglich glücklich und energieladen das Leben geniessen – richtig?

Mit diesem Blickwinkel lade ich Sie ein, für sich vielleicht das eine oder andere unbewusste Puzzlestein-Schätzchen ans Tageslicht zu holen.

Wenn Sie bereits notiert haben, wie Ihre Prägungsphasen «im Alter von 0 bis heute» aussahen, dann können Sie gleich einen Abgleich vornehmen, inwiefern die verschiedenen Prägungsphasen Ihre Erkenntnisse wiederspiegeln oder vielleicht ergänzen.

Bewusste Identifikation & unbewusste Automatismen

Es gibt zwei Unterscheidungen, wie wir diese Prägungen (= unsere Überzeugungen, Glaubenssätze, Verhaltensweisen und Programme) aufgenommen haben:

  • Die einen wurden uns beigebracht: Wir haben diese Glaubenssätze gelernt und übernommen, haben sie bewusst gespeichert, identifizieren uns also mit ihnen. Diese Identifikation wird in unserem Selbstbild aufgenommen, wir sehen uns entsprechend so und wollen so sein.
  • Die anderen haben wir beobachtet und automatisch übernommen: Das heisst, wir haben diese Informationen unbewusst übernommen. Wir imitieren jemanden, der uns z.B. einen gewissen Lebensstil vorgelebt hat. Wir reagieren damit dann jeweils ganz automatisch auf eine Situation – oftmals ohne uns darüber auch nur annähernd bewusst zu sein.

Über die nachfolgenden Hinweise zum «Hintergrund» Ihrer persönlichen «Funktionsweisen», kommen Sie Ihren «Identifikationen und Automatismen» ein wenig weiter auf die Schliche.

Humanistische Psychologie & der Einfluss auf unsere «Compliance»

Persönlichkeitsentwicklung aus Sicht der humanistischen Psychologie gekoppelt mit den aktuellen Erkenntnissen der Neurowissenschaft

Ihre Prägungsphase

Zuallererst möchte ich Ihnen gratulieren! Sie haben sich im Wettstreit mit über 500.000.000 Spermien durchgesetzt und sich den Sieg wirklich verdient! Was Sie daraus machen, hängt u.a. mit Ihren Erfahrungen aus den folgenden Lebensabschnitten zusammen.

Bereits in der pränatalen Phase konnten Sie ab der 6. Schwangerschaftswoche die Emotionen Ihrer Mutter wahrnehmen. Jede Phase von Freude, Angst oder Ärger Ihrer Mutter, sowie die äusseren Einflüsse ausserhalb des Mutterleibes konnten also bereits neuronal in Ihr Unterbewusstsein vordringen, wurden unbewusst registriert und imitiert. Ihr Nervensystem bildete sich ab der 3. Schwangerschaftswoche und hin zur 9. Woche wurde Ihr Gehirn und Rückenmark fast vollumfänglich angelegt. In den weiteren Wochen wuchsen in Ihrem Gehirn 100 Milliarden Nervenzellen heran, die dann über die eingehenden Reize anfingen zu lernen, sprich Ihre Neuronen fingen an sich zu vernetzen.

Von Geburt an waren Sie in der Lage tagtäglich immer mehr zu lernen. Dabei haben Sie unbewusste Erkenntnisse dazu gewonnen, was funktionierte (z.B. schreien 😉 ) oder was sich auszahlte, wenn man es immer wieder versuchte (aufstehen, hinfallen, aufstehen, laufen u.v.m.) Sie haben dies getan, weil Sie Freude daran hatten zu lernen, wie Sie im Leben, also in Ihrer «eigenen Welt» vorankommen konnten. Jedes Kind möchte endlich «so gross sein» wie seine Eltern. Es wird seinen Eltern und nahen Bezugspersonen in allem nacheifern, denn in den ersten Lebensjahren umfassen diese Begegnungen seine komplette Welt – es existiert nichts anderes.

Jedes Kind erfährt sich durch die anderen und nimmt dabei alles auf.

Das 1. Lebensjahr steht für das Urvertrauen, wobei sich das Vertrauen i.d.R. stärker entwickelt als Misstrauen. Dazu dienen dem Baby zum einen die «Spiegelneuronen», die die Gefühlslage des anderen wiederspiegeln. Ein Kind schaut in jeder Situation immer, wie Eltern reagieren und viele Studien zeigen, welchen Einfluss die geäusserte Emotion (Freude, Angst, Wut, Überraschung, Ekel, Verachtung, Traurigkeit bzw. die 7 Basis-Emotionen) einer Person auf das Kind hat. Wenn Ihre Bezugspersonen gelassen und liebevoll im Umgang mit Ihnen waren, dann haben Sie eine positive Grundeinstellung für das Leben mitbekommen. Falls dies nicht der Fall war, könnte diese entscheidende Prägephase dazu beigetragen haben, dass Sie eventuell ängstliche Züge entwickelten, eher misstrauisch sind, ein grosses Sicherheitsbedürfnis haben – oder andere Mangelgefühle entwickelt haben.

Ab dem 2. Jahr entfaltet sich die Vorstellung über „Du“ und „Ich“ – Entwicklung der Autonomie. Die Zunahme der neuronalen Verbindungen sowie die Dicke der Ummantelung, die für die Schnelligkeit von Geschwindigkeitsübertragung innerhalb des neuronalen Netzwerkes zuständig ist, haben nun Ihre Abschlussphase erreicht. Damit konnten Sie in diesem Alter nun laufen, greifen, sprechen und vieles mehr. Sie lernten fortschreitend mehr über sich und Ihre Welt kennen und wie der interaktive Austausch mit Ihren Bezugspersonen sich dabei am besten gestalten lässt. Sie haben sich entweder mehr oder weniger angepasst – je nachdem wie Ihre Erkenntnisphase ablief, als Sie entdeckten, dass Sie ein individuelles Wesen sind und nicht Ihre Mutter oder Ihr Vater sind.

Im 3., 4. und 5. Jahr wird durch selbstständiges Erforschen die Eigeninitiative ausgelöst und das Gewissen sowie Schuldgefühle werden erkannt. Das Imitationslernen (Resonanzprinzip der Spiegelneuronen) ist die Grundlage für das Übernehmen von Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsmustern, welche i.d.R. das ganze Leben beibehalten werden (jedoch durch «auflösen der Ursachen» verändert werden können). Diese übernommenen Reaktionsmuster schleifen sich automatisch in das Unterbewusstsein ein. Dazu zählen auch Konflikt- und Problemlösungsstrategien, die Sie von Ihrem Umfeld übernommen haben und in Alltagssituationen immer wieder automatisch anwenden. Im positiven Fall würden Sie entstehende Konflikte erkennen und gleich lösen.

Bei negativen Reaktionsmustern würden Sie entstehende Konflikte eher ignorieren und versuchen, diesen aus dem Weg zu gehen oder die Schuld dem Anderen zuschieben.

«Das Gehirn ist der Mediator, der uns den Zugang zur Welt ermöglicht, der Transformator, der Wahrnehmungen und Bewegungen miteinander verknüpft. Zentral ist nicht nur der Austausch mit seiner natürlichen Umwelt, sondern vor allem die Interaktion mit anderen Menschen.»

Zitat Prof. Fuchs, Neuropsychologie Universität Heidelberg

Vom 6./7. Lebensjahr bis zur Pubertät werden die kognitiven Fähigkeiten entwickelt und eingesetzt. Das heisst auch, dass Ihre «unbewusste Lern-Zeit» sich dem Ende zuneigt – obwohl selbstverständlich weiterhin viel durch Ihr Unterbewusstsein aufgenommen und gesteuert wird, jedoch in einer anderen «Frequenz».

Bis zum 7. Lebensjahr befindet sich das Gehirn in der «Theta Hirnfrequenz», d.h. es sind lange, ruhige Hirnwellen zwischen 4-8 Hz vorhanden. In diesem Stadium befindet sich ein Erwachsener üblicherweise entweder in einer Meditation oder bereits in einem Schlafstadion (4 Hz / Delta). Während man in den «unteren Theta-Frequenzen» eine erhöhte Lern- und Erinnerungsfähigkeit aufweist, ist man in den «oberen Theta Frequenzen» sehr kreativ und ein im Alltag oftmals gewünschter «Gedankenblitz» kann sich hier mühelos einstellen. Dies ist auch im Übergang zu den «Alpha-Wellen» so, denn auch hier befindet sich ein Erwachsener in einem allgemein entspannten Zustand. Sind wir in der «Beta-Frequenz» unterwegs, so sind unsere Hirnwellen schnell und kurz – wir sind im «Arbeitsmodus», in dem unser logisches Denken vorrangig die Tätigkeiten erledigt. Auch können wir hier bewusst entscheiden, welche Informationen wir aufnehmen und verarbeiten möchten sowie welche wir nicht durch unseren Wahrnehmungsfilter lassen möchten. Bei Kindern bilden sich die «schnelleren Hirnfrequenzen» erst ab einem Alter von 7 Jahren.

Bewusste Erinnerungen sind zwar bereits im Babyalter möglich, jedoch nur über einen sehr kurzen Zeitraum – ab einem Alter von 9 Monaten, für ca. einen Monat. Das Erinnerungsvermögen nimmt dann zwar immer mehr zu, doch die Entwicklung des bewussten Langzeitgedächtnisses ist erst ab dem 5./6. Lebensjahr vollzogen. Bis dahin nimmt das Kind seine Gefühle wahr und gleicht diese mit den Reaktionen seines Umfeldes ab – diese Empfindungen prägen sich dann entsprechend unbewusst ein.

Erst ab dem 6./7. Lebensjahr kann Ihr Verstand quasi ein «Veto einlegen» und bewusst entscheiden, dies als «gut oder schlecht» einzuordnen. Die weiteren Jahre haben Sie natürlich auch noch entsprechend geprägt, doch bereits ab jetzt beruhen Ihre Reaktionsmuster auf den Erlebnissen und den damit verbunden Empfindungen, Ihrer ersten 7 Lebensjahren. Und genau nach diesen Mustern reagieren Sie täglich auf «äussere Einflüsse».

Ihre Reaktionsphase
  • Während des 13. bis 20. Lebensjahres stellt sich die Frage „Wer bin ich“? (Identitätsbildung/Identitätsdiffusion)
  • 16. bis 25. Lebensjahr – Wahl des Berufswegs, Platz in der Gesellschaft, Idealismus.
  • Eine gefestigte „Ich-Identität“ findet zwischen dem 20. bis 45. Jahr die gefestigte Paarbeziehung.
  • Ist das Gefühl des Vertrauens vorhanden und die Persönlichkeit stabilisiert, stehen zwischen dem 25. bis 65. Jahr die Werte für die nächste Generation im Vordergrund; welche in der Lebensmitte jedoch oft der Selbstkonfrontation und der Frage „Ist das schon alles“ begegnen.
  • Ab der Phase des 65. Lebensjahrs stellt sich innere Ruhe ein, wenn man das bisherige Leben so akzeptieren kann, wie es war. Die kommenden Jahre laden dann zum Geniessen ein.
Welche Schlüsse können Sie aus Ihren Lebensphasen ziehen? Sind Sie mit Ihrem persönlichen «Regelwerk» zufrieden?

Wer die «kleine Übung» aus dem ersten Blockartikel verpasst hat oder genauer auf das «persönlichen Puzzlestein-Schätzen» schauen möchte, kann sich diesen Fragestellungen widmen:

Wer hatte und/oder hat besonders viel Einfluss auf Ihr «Regelwerk»?

Ihr «Wieso und Warum» 0-7 Jahre 7-14 Jahre 14-21 Jahre 21-heute
Wie habe ich diese Zeit wahrgenommen?
Welche Ereignisse gab es?
Wie habe ich diese Empfunden?
Was habe ich über xy gedacht?
Wer hat was über mich gedacht / gesagt?
Weitere Gefühle und Gedanken….

Ihre Bewertung zu Ihren Gedanken & Gefühlen

Nach Ihrer kleinen «Zeitreise» durch Ihre persönliche Vergangenheit haben Sie möglicherweise den einen oder anderen «Puzzlestein-Schatz» gefunden, der Ihr «Big Picture» weiter ergänzt. Wenn Sie aus diesem Blickwinkel, möglichst von der Metaebene auf Ihre «Reaktionsmuster» schauen, dann können Sie jetzt Ihr «Stressverhalten» wie durch eine Art «Kaleidoskop» betrachten. Welche Gedanken und Gefühle beeinflussen Sie täglich? Und welche Bewertung geben Sie diesen? Denn Ihre Bewertung ist ausschlaggebend dafür, ob Sie in einer Situation in «Dis-Stress» geraten oder über eine gewisse Widerstandskraft (Resilienz) verfügen und Lösungsmöglichkeiten erkennen.

Geniessen Sie die Vielfalt des Lebens bereits mit Leichtigkeit, in Ihrer Balance? Worauf basiert Ihr persönliches «Regelwerk»?

Ihre Bewertung ist immer subjektiv und beruht auf Ihren persönlichen Werten. Worauf basieren Ihre Werte? Auf Ihrer bewussten Identifikation oder Ihren unbewusst übernommenen Automatismen? Ihre Bewertung (bewusst und unbewusst) ist ausschlaggebend dafür, ob Sie in Ihrem «Gleichgewicht» sind, also glücklich und gesund das Leben geniessen oder «aus der Balance» geraten und Situationen als stressig, schwierig oder überwältigend empfinden.

Positive Reaktionsmuster unterstützen Sie darin, immer die entsprechenden Ressourcen für eine Lösung zu erkennen und einzusetzen.

Negative Reaktionsmuster erschweren Ihnen diese Lösungsorientierung und rauben Ihnen Energie und Kraft. «Dis-Stress kann zu Dis-Ease führen»; Ease steht für Leichtigkeit, während Dis-Ease in der Umkehrung zu Krankheit führen kann.

«Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern unsere Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.»

Zitat Epiktet

Im 3. Teil dieser Blogserie können Sie für sich überprüfen, ob Sie gewisse «Reaktionsmuster» in Ihrem Leben – zum Wohle Ihrer Stress-Resilienz & Gesundheit – verändern möchten und worauf es bei Ihren persönlichen Veränderungsprozessen ankommt.

  • Ihre Energiefallen transformieren
  • Vom MindSet zum Growth Mindset

Erfolgreich im Homeoffice arbeiten

Die digitale Arbeitswelt bringt viele Vorteile: Flexibilität, Zeitersparnis und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Gleichzeitig sind neue Skills gefragt, um erfolgreich im Homeoffice zu arbeiten.

Die digitale Arbeitswelt bringt viele Vorteile: Flexibilität, Zeitersparnis und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Gleichzeitig sind neue Skills gefragt, um erfolgreich im Homeoffice zu arbeiten.


Autor/in

Alexandra Meures

Während ihrer 20-jährigen Führungs- und Managementlaufbahn war Alexandra Meures für mehre internationale Firmen im Auf- und Ausbau neuer Geschäftsbereiche zuständig. Ihr lösungsorientiertes, unternehmerisch-soziales Denken und Handeln setzte sie besonders in der Verbindung der Verhältnis- und Verhaltensoptimierung für Mitarbeitende und Unternehmen ein. Dazu zählten u.a. Struktur- und Prozessentwicklung sowie der Aufbau neuer Abteilungen in Gründungs- und Veränderungsphasen. Nicht zuletzt durch ihre internationale Erfahrung mit wertschätzender Arbeitskultur und achtsamer Kommunikation ist sie heute als Consultant und Trainerin im betrieblichen Gesundheitsmanagement tätig. Dies inklusive Analyse, Budgetierung, Entwicklung und Begleitung in der Umsetzung. Qualifizierungen: Executive International MBA, Coach, Trainerin, Gesundheitsberaterin, betriebliche Gesundheitsmanagerin, auch auf Basis «Friendly Workspace» (Label Gesundheitsförderung Schweiz).