Wichtige (Sozial)-Kompetenzen für Projektleitende

Welche Rollen hat ein «erfolgreicher» Projektleiter respektive welche Aufgaben sollte er übernehmen? Martin Bialas beantwortet diese Fragen anhand des 10-Hüte-Modells.

Autor/in Martin Bialas
Datum 17.11.2024
Lesezeit 7 Minuten

«Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem grossen, weiten Meer. Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.»

Antoine de Saint-Exupéry


«Für die Rolle eines Projektleiters muss man geboren sein.» Diese Aussage schlägt vor allem neuen Projektleiterinnen und Projektleitern entgegen und sorgt oftmals für Unsicherheit. Denn sie beinhaltet, dass Projektleitende von vorneherein über die notwendigen Kompetenzen verfügen und diese nicht zu erlernen sind. Doch stimmt das? Und welche Fähigkeiten sind überhaupt notwendig, um Projekte zum Erfolg zu führen?

Klar ist: Um die Projektleitung zu übernehmen, braucht es neben Fachwissen und praktischer Erfahrung (Hard Skills) auch bestimmte Soft Skills. Jede/r bringt da andere in unterschiedlicher Ausprägung mit. Fest steht aber auch: Niemand wird als Projektleitender geboren. Wie das Fachwissen und die praktische Erfahrung, können wir uns im Laufe unseres Berufslebens auch andere Fähigkeiten aneignen.

Projektleitende müssen über eine ganze Reihe von Soft Skills verfügen, weil sich ihre Rolle wiederum in Unterrollen aufspaltet. Je nach Team und Projektfortschritt sind deshalb unterschiedliche Kompetenzen erforderlich, um die jeweilige Rolle erfüllen zu können.

Die 10 «Hüte» von Projektleitern und Projektleiterinnen

Es ist hilfreich, zunächst einmal zu schauen, welche Rollen erfolgreiche Projektleitende innehaben bzw. welche Aufgaben sie übernehmen sollten. Diese lassen sich in zehn unterschiedliche «Hüte» einteilen:

In ihrer Managementfunktion haben Projektleiterinnen und Projektleiter somit zehn verschiedene Rollen inne. Diese sind:

1. Manager:

Projektteams werden oft aus verschiedenen Abteilungen zusammengestellt. Es ist wichtig, die Kompetenzen dieses cross-funktionalen Teams zu lenken und die Weichen für eine Gruppendynamik zu stellen, in der jedes Mitglied über sich hinauswachsen kann.

2. Leader

Zwar sind Projektleitende bereichsübergreifend oft nicht weisungsbefugt – das unterscheidet sie von anderen Führungskräften –, aber sie müssen ihr Projektteam trotzdem führen und anleiten. Gerade weil disziplinarische Befugnisse nur in Grenzen vorhanden sind, ist Führungsstärke besonders gefragt.

3. Moderator

Weil die Weisungsbefugnis oft nur eingeschränkt vorhanden ist, ist es umso wichtiger, Gespräche professionell zu führen, um das Team in die anvisierte Richtung zu lenken. Wichtig ist, dem Team nicht einfach etwas vorzugeben, sondern den Austausch im Team anzuleiten.

4. Fachspezialist

Projektleiterinnen und Projektleiter vereinen ein Team aus Expertinnen und Experten, müssen selbst aber auch viel Fachwissen mitbringen.

5. Entrepreneur

Das Projektteam ist im Grunde ein kleines Unternehmen in der Gesamtorganisation. Projektleitende sind dann sozusagen der/die Firmengründer.

6. Verkäufer

Projektleitende vertreten das Projekt und ihr Team nach aussen und sind dafür verantwortlich, es bestmöglich zu vermarkten.

7. Diplomat

Projekte sind immer vom restlichen Geschehen im Unternehmen abhängig. Es ist wichtig, durch diplomatisches Geschick keine Konflikte zwischen verschiedenen Projektteams aufkommen zu lassen und den Stellenwert des eigenen Projekts nicht zu schmälern.

8. Konfliktmanager

Ob eingespieltes Team oder neu zusammengestellte Truppe – Konflikte gibt es immer. Sie kosten Kraft und Zeit und hemmen den Fortschritt des Projekts. Es gilt, Konflikte durch klare Ansagen und vorausschauendes Handeln zu vermeiden und im Falle des Falles zu managen und zu lösen. In Zeiten virtueller Zusammenarbeit ist diese Herausforderung besonders gross.

9. Coach

Nicht streng führen, sondern anleiten lautet die Devise. Es gilt, die Mitarbeitenden zu fördern, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen, den Einsatz ihrer individuellen Ressourcen zu unterstützen, ihre Motivation zu steigern und die gegenseitige Kommunikation zu verbessern.

10. Politiker

Das Projektteam braucht Unterstützung und Sicherheiten von aussen. Es liegt an Projektleiterinnen und Projektleiter, Ressourcen dafür zu gewinnen und den Zuspruch für das Projektteam zu sichern.

Diese Kompetenzen sind für Projektleiter/innen besonders wichtig

Aus diesen Hüten lassen sich die unterschiedllichen Anforderungen an die Rolle der/des Projektleitenden ableiten. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, brauchen Projektleidende bestimmte Skills. Die wichtigsten Kompetenzen für Projektleiter und Projektleiterinnen sind demnach:

  • Projektmanagementkompetenz, um Projekte unterschiedlicher Grösse und Komplexität mit den jeweiligen Inhalten zum entsprechenden Kundennutzen erfolgreich abzuwickeln.
  • Methodenkompetenz, um unterschiedliche Methoden auszuwählen und einzusetzen
  • Prozesskompetenz, um in Abläufen denken zu können und sich auf komplizierte und sich immer wieder verändernde Situationen und Aufgaben einzustellen.
  • Fachkompetenz, um berufsspezifische Aufgaben und Sachverhalte gemäss den methodischen Grundlagen selbstständig und eigenverantwortlich bewältigen zu können.
  • Führungskompetenz, um Ziele festzulegen und das Verhalten anderer Menschen so zu beeinflussen, dass diese Ziele in Resultate umgesetzt werden.
  • Soziale Kompetenz, um die Bedürfnisse an Kommunikations- und Interaktionssituationen aller Projektbeteiligten einer Realitätskontrolle zu unterziehen und dann effektiv zu handeln.
  • Kollaborative Kompetenz, um das gesamte Team und die dazugehörige Umgebung einzubeziehen. Ziel ist es, das gemeinsame Wissen zu teilen und die Kompetenzen anderer Beteiligter aktiv mit einer neuen Arbeitsorganisation zu nutzen.
  • Kommunikative Kompetenz, um konkrete Kommunikationstechniken anwenden zu können. Entscheidend sind auch der Wille und die Bereitschaft zu einer verständlichen und empfängerorientierten Kommunikation.
  • Motivationskompetenz, um sich selbst und andere zu konkreten und projektspezifischen Handlungen anzutreiben.
  • Delegationskompetenz, um Projektaufgaben zur Erledigung an andere Beteiligte zu vergeben.
  • Kooperationskompetenz, um Teamprozesse und -entwicklungen zu gestalten. Sie beinhaltet auch spezifische kommunikative Kompetenzen zur Überwachung und Steuerung von projektspezifischen Informationsflüssen und zum Management der virtuellen Kooperation.
  • Organisationskompetenz, um Führungskräfte und Teams mit ihren unterschiedlichen Strukturen, Rollen, Prozessen, Projekten und unternehmerischen Zielen bei der Kommunikation zu begleiten.
  • Kreativkompetenz, um gute und möglichst neuartige Lösungen für Probleme zu entwickeln.
  • Entscheidungskompetenz, um verbindliche Entscheidungen im Projekt zu fällen.

Ein jeder Projektleitende muss in seiner Rolle und in einer spezifischen Position herausfinden, welchen konkreten Weg er/sie einschlagen will, um seinen Horizont entsprechend zu erweitern und seinen/ihren persönlichen Führungsstil zu entwickeln. Es bieten sich dazu eine Vielzahl von Ausbildungen, aber auch sehr spezifische Coachingangebote an.


Autor/in

Martin Bialas

Martin Bialas, Geschäftsführer der diventis GmbH, Arlesheim (BL), hat über 30 Jahre Praxiserfahrung im Bereich Projektmanagement. Er beschäftigt sich mit der Integration von Projektmanagement-Methodik und Künstlicher Intelligenz. Martin ist NLP Master und Mediator. Zudem ist er IPMA®-zertifizierter «Consultant, Coach and Trainer (CCT)» und VZPM Assessor für IPMA® Level A/B und Delta®. Er ist Honorar-Professor für Organisationsentwicklung und Innovation an der HEX Hochschule für Exzellenz.

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