Wie Sie Ihre Verbesserungsinitiativen ins Ziel bringen – Die Kunst des Roadmappings

Oft scheitern Veränderungsprojekte daran, dass zu viele und zu ehrgeizige Ziele gesetzt werden. Hier kann das Continual Improvement Modell von ITIL 4 helfen. Erfahren Sie im ersten Teil einer neuen Blogserie, wie Sie eine Roadmap für mehr Planungssicherheit erstellen.

Autor/in Markus Schweizer
Datum 25.04.2023
Lesezeit 6 Minuten

Dies ist der erste Teil einer Serie von Blog-Beiträgen zum 7-stufigen Continual Improvement Modell von ITIL 4. In loser Folge stelle ich hier Konzepte, Ideen und Lessons Learned vor, die ich in meiner täglichen Arbeit als Strategieberater und Service Management Experte mit IT-Organisationen entwickle und anwende.

Dieser Blog widmet sich dem vierten Schritt des Continual Improvement Modells nach ITIL 4 «How do we get there?». Ich möchte Ihnen einige in der Praxis erprobte Tipps geben, die Ihnen helfen, nach einem Assessment in Schritt 2 («Where are we now?») und der Definition des zukünftigen Status in Schritt 3 («Where do we want to be?») nun die richtigen Umsetzungsschritte auszuwählen, zu bewerten, zu priorisieren und zu planen.

Die 7 Schritte des Continual Improvement Modells nach ITIL 4
Abbildung 1: Die 7 Schritte des Continual Improvement Modells nach ITIL 4

Stolpersteine auf dem Weg zur Roadmap

Die grössten Herausforderungen bei der Planung eines Umsetzungsprogramms oder -projekts sind oft die Identifikation der Verbesserungsprojekte und deren Abhängigkeiten. Nach ITIL 4 muss jeder Schritt in den 4 Dimensionen bewertet werden, um erfolgreich umgesetzt und durchgeführt werden zu können.

Dies führt oft zu intensiven Diskussionen über die Reihenfolge der Umsetzung. Die Abhängigkeiten zwischen den 4 Dimensionen können zu erheblichen Problemen bei der Planung der Umsetzung führen: Was ist zuerst zu tun? Tools implementieren? Prozesse definieren oder Mitarbeitende schulen?
Stimmen die Prioritäten mit dem Business Case überein? Wie lange muss oder darf die Übergangsperiode sein?

Oft werden zu viele und zu ehrgeizige Ziele gesetzt, mit dem Ergebnis, dass am Ende gar nichts passiert!

Tipp 1: Mehrdimensionales Evolutionsmodell, um Abhängigkeiten und Koordinationsbedarf zu erkennen

Man kommt nicht voran, wenn man ein Ziel isoliert verfolgt. Alles muss in einem orchestrierten Ansatz koordiniert werden: Prozess – Organisation – Menschen – Benutzer – Kunden – Werkzeuge. Die Koordination all dieser verschiedenen Schritte erfordert ein mehrdimensionales Vorgehen in agilen Schritten.

Um diese Fragen zu diskutieren, haben wir ein Evolutionsmodell entwickelt, das Entwicklungsschritte für verschiedene Dimensionen beschreibt. Damit können Abhängigkeiten und Koordinationsbedarfe identifiziert werden:

Mehrdimensionales EvolutionsmodellAbbildung 2: Mehrdimensionales Evolutionsmodell

Dieses Modell macht deutlich, dass es weder sinnvoll ist, nur eine Dimension voranzutreiben, noch alle Dimensionen gleichzeitig zu entwickeln. Welche Dimensionen und welche Ziele für die Entwicklungsschritte ausgewählt werden, hängt von der Organisation und der Art des Vorhabens ab. Am Ende entsteht ein Patchwork von Zielen, das als Input für die Priorisierung genutzt werden kann.

Der Schlüssel liegt darin, klare Anwendungsfälle zu identifizieren und diese schrittweise und ausgewogen zu erreichen. Gleichzeitig dürfen die strategischen Ziele nicht vernachlässigt werden und es muss kontinuierlich Wert geschaffen werden. Auch die Risiken dürfen nicht unberücksichtigt bleiben.

Abhängig von der Marktsituation, den eigenen Fähigkeiten und den branchenspezifischen Compliance-Anforderungen müssen für jede Organisation ausgewogene Schritte gewählt werden.

Tipp 2: Auswahl und Gewichtung der Einflussfaktoren mit Harvey Balls zur Priorisierung von Projektvorhaben

Entscheidend für eine ausgewogene Roadmap ist die richtige Auswahl und Gewichtung der einzelnen Faktoren. Dabei sollten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, die für den Erfolg eines Umsetzungsprojektes entscheidend sein können: Dringlichkeit, Projektgröße, Risiken, Wert für Kunden, IT und Mitarbeitende etc. müssen nach gemeinsam vereinbarten Kriterien bewertet werden.

In der folgenden Grafik wurden die Harvey Balls (0-25-50-75-100%) verwendet, um die richtige Reihenfolge der Projekte festzulegen:

Harvey Balls GrafikAbbildung 3: Harvey Balls Grafik

Mit diesen Inputs kann nun eine Roadmap entwickelt werden. Eine Roadmap ist kein detaillierter Projektplan, sondern skizziert mögliche Umsetzungsschritte, deren Aufwand zunächst grob geschätzt wird (T-Shirt-Grösse S, M, L, XL) mit dem Ziel, die Zustimmung aller Stakeholder/innen und vor allem der Entscheidungsträger/innen zu erhalten. Der Zeithorizont einer Roadmap liegt in der Regel zwischen 18 und 24 Monaten.

Tipp 3: Mehrdimensionale Analyse der Geschäftsanforderungen verhindert Inside-Out-Denken

Danach werden die ersten 6 Monate detaillierter geplant und agil umgesetzt. Für die Detailplanung – speziell für die Einführung von Technologien – verwende ich häufig einen weiteren Denkansatz, der die Business-Anforderungen schrittweise herunterbricht und dabei wieder alle Dimensionen berücksichtigt.

Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass auch IT- und Business-Architekten einbezogen werden und vor allem ein eindimensionales Inside-Out-Denken (die technischen Möglichkeiten bestimmen die Lösung) vermieden wird.

Fazit

Roadmapping ist ein wichtiger und wertvoller Schritt im Continual Improvement Modell. Mit Bedacht durchgeführt, trägt eine Roadmap zur Planungssicherheit bei. Eine Roadmap schliesst agiles Vorgehen in der Umsetzung nicht aus – im Gegenteil: Sie ist eine wichtige Orientierungshilfe für die Backlog-Planung und den Wertausweis.

Für die richtige Anwendung von Roadmapping lohnt es sich, sich an den Guiding Principles von ITIL 4 zu orientieren, insbesondere an:

  • Start where you are
  • Keep it simple and practical
  • Focus on value
  • Collaborate and promote visibility
  • Und vor allem: Think and work holistically

Neu: Service Management Assessment für Organisationen

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Autor/in

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.