IT-Kosten im Griff
IT-Organisationen stehen auf der Schwelle zur nächsten Entwicklungsstufe: von der «IT-Manufaktur» zur industrialisierten «IT-Fabrik». Damit wird das IT Financial Management zum Führungsinstrument für CIOs – nur kennen sich die wenigsten damit aus.
IT-Organisationen stehen auf der Schwelle zur nächsten Entwicklungsstufe: von der «IT-Manufaktur» zur industrialisierten «IT-Fabrik». Damit wird das IT Financial Management zum Führungsinstrument für CIOs – nur kennen sich die wenigsten damit aus.
Quelle: Computerworld 5 / 22. März 2013, www.computerworld.ch
Autor: Markus Schweizer ist Managing Partner bei der USU Consulting GmbH und Digicomp-Dozent.
Für CIOs und IT-Manager verliert das reine Technologiemanagement gegenüber dem IT-Business-Management zunehmend an Bedeutung. Durch neue Entwicklungen wie Cloud und Software as a Service begünstigt, wandeln sich die IT-Abteilungen von reinen Produktionsbetrieben zu Servicebrokern. Das IT-Management wird vermehrt in Diskussionen über optimale Fertigungstiefe und Stückkosten verwickelt und soll für ihre IT-Leistungen transparente Preiskalkulationen liefern. Um diese Forderungen erfüllen zu können, brauchen CIOs nicht nur detaillierte Kenntnisse der IT-Gestehungskosten, sie müssen auch marktähnliche, serviceorientierte Mechanismen zur Steuerung von Angebot und Bedarf einführen. Damit einher geht eine grundlegende Veränderung der IT-Finanzierung: von der simplen Entlastung mittels mehr oder weniger gerechter Umlagen zu verbrauchsorientierten Servicekosten und -preisen.
Überforderte IT
Leider erwischt diese neue Herausforderung viele IT-Abteilungen auf dem falschen Fuss. Als Berater und Kursleiter in unterschiedlichsten ITManagement-Disziplinen musste ich immer wieder feststellen, dass «IT Financal Management» (ITFM) eine stiefmütterlich behandelte, unterentwickelte Funktion ist. Dem IT-Personal fehlt ganz einfach das Know-how, denn es ist mehrheitlich auf Technik und Verfahren aufgebaut und verfügt in der Regel über wenig buchhalterisches Rüstzeug. Typische Aussagen von ITMitarbeitern sind beispielsweise «das macht die Finanzabteilung» oder «dafür haben wir SAP». Gleichzeitig nimmt auch der Druck von Benutzerseite zu: Zum alten Pauschalvorwurf, IT sei zu teuer, kommen nun neue Forderungen nach Kostentransparenz, Produktivitätssteigerung, Vergleichbarkeit (Benchmarking) und Planungssicherheit hinzu. Statt sich nun aber in Details zur Kostenidentifikation zu verlieren, ist es sinnvoller, das Gespräch mit den Benutzern zu suchen, um zu verstehen, wie diese IT-Leistungen beziehen. Es gilt herauszufinden, wie und wie viel sie dafür bezahlen möchten – oder andersherum gefragt, weshalb sie so viel dafür bezahlen müssen. Das Ziel muss sein, die Diskussion von der reinen Kostenbetrachtung weg und zum Wertbeitrag der IT für das Unternehmen hin zu führen. Dann lassen sich die vermeintlich hohen Kosten auch besser begründen. Die Schlüssel dazu sind Servicemanagement und IT-Sourcing. Endlich finden die elaborierten ITIL-Konzepte Service Strategy und Service Design eine sinnvolle Anwendung. Die Standards zum Aufbau eines Serviceportfolios, zur Strukturierung der Services in einem Servicekatalog, zum Management der Kundenerwartungen und der IT-Leistung durch Service Level Management ermöglichen eine marktnahe Diskussion über Angebot und Nachfrage. Leider bleibt ITIL bei der Beschreibung des für diese Diskussion unentbehrlichen IT-Finanzmanagements ziemlich vage. Auch andere Best Practice Frameworks wie CobIT, ISO 20000 oder ITFMA (IT Financial Managers Association) bieten keine bessere Hilfe.
Das ITFM-Modell
Die Disziplin «IT Financial Management» ist noch ziemlich vage definiert. Es lohnt sich daher, zuerst die grössten Pain Points und strategischen Treiber zu identifizieren, Prioritäten zu setzen und das Thema resultatorientiert anzugehen. Kostentransparenz und -optimierungsind oft die ersten Ziele, die erreicht werden sollen. Danach lassen sich die Bereiche verursachergerechte Kostenverteilung und Angebot-Nachfrage-Steuerung angehen. Fernziel ist dann die nachfragegesteuerte Kapazitäts- und Investitionsplanung. Die Abbildung zeigt die Komplexität dieses Prozessfelds auf. Die Strukturierung in drei Regelkreise hilft, die strategischen Anforderungen gezielt anzugehen:
- Der Base Cycle etabliert ein klassisches Finanzmanagement für die IT, mit dem geplante Ressourcen (Hardware, Software, Personal, Services etc.) auf die IT-Abteilungen und Teams (Kostenstellen) verteilt werden. Durch regelmässige Soll-Ist-Vergleiche kann das Controlling die finanzielle und strategische Zielerreichung unterstützen.
- Der Spend Cycle unterstützt den Base Cycle durch das Management aller externer Ausgaben, die für die Erstellung der IT-Leistungen benötigt werden. Lifecycle-Management-Konzepte für ITAssets, Lizenzen, Services und Verträge helfen bei der Einführung, Nutzung und Dekommissionierung dieser Beschaffungen. Die Integration mit den Finanzprozessen Debitoren- und Anlagebuchhaltung führt zur genauen Kostenallokation. Personalaufwände fallen mehrheitlich in Projekten und in betrieblichen Prozessen an. Je genauer diese Zuordnung gemacht werden kann, desto weniger Personalkosten laufen als Overhead auf. Die Verteilung dieser Overheads auf die direkten IT-Leistungen verfälscht oft die Aussagekraft von Servicepreisen – vor allem, wenn diese sehr gross sind. Manchmal ist dieser Overhead sogar grösser als 50 Prozent des IT-Budgets.
- Als abschliessender Regelkreis muss der Earn Cycle nun dafür sorgen, dass die aufgelaufenen Kosten durch «Einnahmen» entlastet werden. Im einfachsten Fall werden die IT-Kosten dem Corporate Overhead zugeschlagen, wodurch sie für den Verbraucher unsichtbar sind. Häufig werden die gesamten IT-Kosten durch einen simplen Umlageschlüssel (Anzahl Mitarbeiter, Anteil am Umsatz o.ä.) auf die Geschäftsabteilungen verteilt, was nicht immer als gerecht empfunden wird und zu ungewollten Quersubventionen führen kann. In beiden Fällen lassen sich die Kosten der IT nur sehr pauschal steuern. Dies genügt aber heute nicht mehr.
Kriterien für den Erfolg
Die besten Schlüssel für diese Umlage und die Preisgestaltung der Services zu ermitteln, sind die zentralen Herausforderungen eines IT Financial Managements, denn damit müssen folgende Anforderungen befriedigt werden:
- Die Preise sollten sich an den Gestehungskosten orientieren.
- Das Angebot sollte inhaltlich und preislich so strukturiert sein, dass es mit externen Angeboten verglichen werden kann (Benchmarking).
- Es sollten Preisstaffelungen eingesetzt werden, um Konsum, Portfolios und Angebotsvarianten (Service Levels) zu steuern.
- Die Preise sollten auf verständlichen Kostentreibern beruhen (z.B. MB für Storage, Anzahl Transaktionen für Anwendungen, Anzahl Mitarbeiter für Workplace Services).
- Die Kostentreiber müssen glaubwürdig sein, d.h., der effektive Konsum muss effektiv gemessen werden können.
- IT-Overheads und Eigenverbrauch der IT sollten auf einer möglichst niedrigen Ebene (Infrastruktur) beigemischt werden.
- Die IT sollte auch Reserven für Ersatzbeschaffungen und Innovationen schaffen können.
Der letzte Punkt weist auf einen kritischen Erfolgsfaktor hin: Die IT muss ihre Kostenstruktur sehr genau kennen, um die Preise realistisch gestalten zu können. Das Verhältnis von fixen zu variablen, direkten zu indirekten Kosten sowie der Investitionen gegenüber den Auslagen bestimmen hier den Handlungsspielraum.
Fazit: Wertschöpfung aufzeigen
Das IT-Finanzmanagement ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine serviceorientierte IT-Organisation. Die klare Fokussierung auf strategische Zielsetzungen und deren schrittweise Umsetzung mittels Roadmap erlaubt stetige Verbesserungen und eine kontinuierliche Reihe von Erfolgen (z.B. Transparenz, Optimierung, Produktivität, Benchmarking). Damit kann die IT die leidige Diskussion über Kosten schrittweise zur Wertschöpfung durch Informationstechnologie verschieben.