So verändert sich der Jobmarkt im KI-Zeitalter: Skills und Karrieren der Zukunft

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch und verändert auch die Arbeitswelt massiv: Neue Jobrollen entstehen, bestehende Aufgaben fallen weg, und andere Kompetenzen rücken in den Fokus. Wer die Chancen der digitalen Transformation erkennt und sich gezielt weiterentwickelt, ist bestens auf die Zukunft vorbereitet. So begegnen Sie der digitalen Transformation und nutzen die Chancen von AI.

Autor/in Julia Kowal
Datum 20.01.2025
Lesezeit 7 Minuten

Spätestens mit dem Launch von ChatGPT mischte sich Euphorie auf der einen mit Angst auf der anderen Seite. Das Tool zeigte deutlich, was Künstliche Intelligenz (KI) bereits leistet, welche Aufgaben sie in Sekundenschnelle erledigen kann. Von grosser Arbeitserleichterung sprachen die einen, von Angst um ihren Job die anderen. 

Da sich Artificial Intelligence (AI) in rasantem Tempo weiterentwickelt, brechen auch die Diskussionen um die Technologie nicht ab. Das Stimmungsbild bleibt gemischt, wie die Umfrage «Der rasante Einstieg der generativen KI in die Schweiz» von Deloitte, knapp ein Jahr nach dem Launch von ChatGPT, zeigt: 

  • 4 Prozent haben grosse Angst
  • 12 Prozent verspüren mehr Angst als Begeisterung
  • 12 Prozent zeigen grosse Begeisterung
  • 34 Prozent sind mehr begeistert als ängstlich
  • 35 Prozent verspüren eine Mischung aus Angst und Begeisterung

Die EU hat auch angesichts der Diskussionen und Unsicherheiten sogar einen «AI Act» verabschiedet. Es ist weltweit das erste umfassende KI-Gesetz und reguliert die Technologie in ihrer Entwicklung und Nutzung.

So verändert Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt

Die Transformation der Arbeitswelt hat mit der Digitalisierung bereits vor dem Einzug Künstlicher Intelligenz begonnen, wird durch sie aber rasant beschleunigt. Viele Schweizerinnen und Schweizer nutzen generative AI bereits für berufliche Zwecke:  69 Prozent der Befragten in der Deloitte-Studie verwenden solche Tools bei der Arbeit, zum grössten Teil zur Texterstellung (47 Prozent). 

Die grosse Kündigungswelle blieb indes aus. Die vielfach prophezeite Massenarbeitslosigkeit, die die Verbreitung der innovativen Technologie zur Folge haben könnte, ist glücklicherweise nicht in Sicht. Die Technologie ersetzt zwar gewisse Arbeitsaufgaben, jedoch keine Berufsbilder. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) kommt in ihrer Studie «Generative AI and jobs» zu dem Schluss, dass die Technologie Arbeitsplätze eher ergänzen oder ausbauen als ersetzen wird. Betroffen sind insbesondere Berufe im mittleren und hohen Einkommensbereich.

Doch Jobprofile verändern sich: Vor allem standardisierte Aufgaben wie das Einpflegen von Daten in Excel-Tabellen, das Schreiben normierter Texte oder das Zusammenstellen von Informationen werden durch KI-Anwendungen obsolet. Die Technologie erledigt solche Dinge sehr viel schneller als ein Mensch – mit guten Ergebnissen. 

Für die menschliche Arbeitskraft bringt dies eine enorme Arbeitserleichterung mit sich und schafft Freiraum für wertschöpfende Aufgaben: Kreativ und originär arbeiten, Aufgaben koordinieren, Probleme lösen – all das kann KI nicht. Während repetitive und zeitintensive Aufgaben von AI-Systemen übernommen werden können, kann sich der Mensch auf anspruchsvolle Aufgaben konzentrieren.

Diese neuen Jobrollen entstehen durch Künstliche Intelligenz

Zwar lassen sich menschliche Arbeitskräfte für bestimmte Arbeitsaufgaben von der KI ersetzen, dafür werden aber auch neue Arbeitsformen notwendig. Kritisches Denken zum Beispiel wird beim Einsatz von AI noch mehr an Bedeutung gewinnen, weil die Ergebnisse hinterfragt und geprüft werden müssen – die Technologie neigt zu Halluzinationen. Expertinnen und Experten für KI-Anwendungen sind gefragt, um die Tools effizient und produktiv einzusetzen. Im Requirements Engineering zum Beispiel kann die Bedeutung von AI nicht hoch genug eingeschätzt werden.

 Neue Berufsbilder sind unter anderem:

  • AI-Engineers, die Systeme und maschinelle Lernalgorithmen entwickeln
  • Prompt-Engineers, die Befehle entwerfen
  • KI-Trainingsdesigner/innen, die Schulungsprogramme erstellen
  • Kommunikationsspezialist/innen, die Strategien für Chatbots entwickeln 
  • Ethik- und Datenschutzbeauftragte, die die Einhaltung von Richtlinien überwachen

Diese Branchen profitieren am meisten von AI

Auf lange Sicht werden alle Branchen von Künstlicher Intelligenz profitieren. Schon jetzt sind es vor allem die Automobilhersteller, Finanzdienstleister, die Medizin, die Medien und der Handel, die von den Systeme Vorteile haben.

  • Automotive: Sensoren und maschinelles Lernen machen das Fahren sicherer, effizienter und komfortabler
  • Finanzen:  Bei der Datenanalyse und Risikobewertung minimieren KI-Tools Fehler und sparen Zeit
  • Medizin: Generative AI analysiert grosse Datenmengen und Bilddaten in hoher Geschwindigkeit und Präzision und verbessert so die Diagnostik
  • Medien: Die innovativen Tools erstellen Content innerhalb kürzester Zeit und helfen bei der Ideenfindung
  • Handel: KI kann Kundenverhalten analysieren und Angebote zielgruppengerecht erstellen

AI-Jobs verlangen neue Skills

Da sich Aufgaben und Jobrollen verändern, sind zwangsläufig auch neue Skills und Kompetenzen erforderlich.  Arbeitskräfte müssen lernen, mit der neuen Technologie umzugehen und sie für ihre Vorteile zu nutzen. Grundlegend ist das Verständnis für die Funktionsweise der Systeme, für ihre Stärken, Schwächen und Grenzen. 

Darüber hinaus sind folgende Skills notwendig:

    • Kommunikationsstärke, um effizient mit der AI zu kommunizieren
    • Problemlösungskompetenz, um die Schwächen und Grenzen der Tools auszugleichen
    • Kritisches Denken, um die Ergebnisse einzuordnen
  • Fachliches Know-how, um die Ergebnisse zu überprüfen und zu verbessern
  • Verantwortungsbewusstsein, um die Tools sinnvoll und nach ethischen Massgaben einzusetzen

«AI Act» der EU hat auch Auswirkungen auf die Schweiz

Mit dem «AI Act» sind Unternehmen verpflichtet, ihre Mitarbeitenden im Umgang mit AI zu schulen. Konkrete Massnahmen gibt die Verordnung derzeit nicht vor, entsprechende Leitlinien werden noch entwickelt. Ein Selbststudium der Mitarbeitenden wird sehr wahrscheinlich nicht ausreichen.

Der «AI Act» tritt schrittweise in Kraft: Ab dem 2. Februar 2025 gelten die allgemeinen Bestimmung – darunter auch die Pflicht zur Schulung der Mitarbeitenden. Vollständig anwendbar sind alle Bestimmungen ab 2. August 2026.

Auch als Nicht-EU-Mitglied ist die Schweiz vom «AI Act» betroffen. Schweizer Softwareentwickler, die ihre KI-Systeme in der EU anbieten, müssen die Vorgaben ebenso einhalten. Ohnehin macht es auch für Schweizer Unternehmen Sinn, sich aktiv mit AI und ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen und die Belegschaft entsprechend zu schulen. Zertifizierungen in diesem Bereich belegen das Knowhow und verschaffen Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.

Den Veränderungen durch Weiterbildung begegnen

Weiterbildungen für Mitarbeitende sind vielleicht keine Pflicht, aber eine Kür. Die KI-Kompetenzen der Mitarbeitenden zu schulen, steigert die Effizienz und fördert die Innovationsfähigkeit.

Die Einführung innovativer Tools sollte partizipativ gestaltet werden. Es gilt, die Fehler, die bei früheren technischen Fortschritten gemacht wurden, zu verhindern: Bevor die Technologie eingeführt wird, müssen die Mitarbeitenden geschult werden – nicht umgekehrt. Andernfalls droht das Projekt zu scheitern, weil die Tools nicht akzeptiert werden oder für den vorhergesehenen Einsatz nicht tauglich sind. 

Es gilt, die Akzeptanz für die innovativen Systeme zu fördern und Ängste zu nehmen. Dies gelingt, indem sich Mitarbeitende mit der Technologie auseinandersetzen, sie verstehen und den effektiven Umgang mit ihr lernen. Da sich die Jobs und ihre Aufgaben unterscheiden, muss auch die Weiterbildung zielgerichtet erfolgen.


Autor/in

Julia Kowal

Julia Kowal ist freie Redakteurin. Sie hat Germanistik mit Zusatzbereich Medienwissenschaften studiert und während ihres Studiums als freie Mitarbeiterin bei einer Lokalzeitung gejobbt. Nach ihrem Master-Abschluss hat Julia ein zweijähriges Volontariat in einem Verlagshaus absolviert und anschliessend einige Jahre in der Online-Redaktion eines mittelständischen Unternehmens gearbeitet. Inzwischen schreibt sie als selbstständige Redakteurin und beschäftigt sich schwerpunktmässig mit den Themen IT und Tech sowie Human Ressources und Consulting.

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