So steigern Product Owner die Effizienz mit Scrum
Die Rolle des Product Owners ist zentral für den Erfolg eines Produkts in einem agilen Umfeld. Doch wie gelingt es, strategische Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und gleichzeitig die Bedürfnisse der Kundschaft und des Teams zu vereinen? Scrum-Professional und Digicomp-Scrum-Trainer Ralph Jocham erklärt im Gespräch, welche Strategien und Techniken Product Owner nutzen können, um die Wertschöpfung ihres Produkts zu maximieren.
Ob es um die Vermittlung der Produktvision, die Nutzung von Kundenfeedback oder die Priorisierung der Aufgaben geht – dieses Interview beleuchtet praxisnah die entscheidenden Aspekte der Produktentwicklung mit Scrum.
Welche Strategien fördern das Verständnis und die Eigenverantwortung des Teams?
Ralph Jocham: Das Verständnis und die Eigenverantwortung des Teams können durch gezielte Strategien gestärkt werden, die sich an den Prinzipien von Autonomy, Mastery und Purpose orientieren:
Purpose: Eine klare Produktvision, ein verständliches Product Goal und ein outcome-basiertes Sprint Goal sorgen dafür, dass das Team den übergeordneten Sinn seiner Arbeit erkennt.
Mastery: Die Definition of Done gibt dem Team einen klaren Rahmen für Qualitätsstandards und ermöglicht es ihnen, die eigene Arbeit zu reflektieren und kontinuierlich zu verbessern.
Autonomy: Durch Freiräume bei der Umsetzung kann das Team selbstbestimmt arbeiten, solange die definierten Qualitätsstandards eingehalten werden.
Zusammen schaffen diese Elemente ein Umfeld, in dem das Team versteht, woran es arbeitet, warum es daran arbeitet, und wie es seine Ziele eigenverantwortlich erreichen kann.
Wie lenkt man das Budget als Product Owner am besten: Investiert man besser in neue Features oder in die Erschliessung neuer Märkte?
Dies kann nicht so eindeutig beantwortet werden, denn genau hier liegt die Herausforderung. Die Entscheidung, ob in neue Features oder in die Erschliessung neuer Märkte investiert werden soll, hängt von der aktuellen Situation des Produkts und der Unternehmensstrategie ab. Eine enge Zusammenarbeit mit den Benutzer:innen und Product Discovery hilft dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen. Im Rahmen von Product Discovery können Techniken wie Nutzerfeedback, Marktforschung und Hypothesenvalidierung genutzt werden, um den grössten Kundennutzen und Geschäftswert zu identifizieren.
📌«Ein Produkt löst ein spezifisches Problem für eine bestimmte Zielgruppe und macht deren Leben dadurch besser.»
Was macht ein Produkt wirklich aus, und wie kann der Product Owner das Verständnis für das Produkt als Problemlösung stärken?
Ein Produkt wird durch seinen Zweck und seinen Nutzen definiert: Es löst ein spezifisches Problem für eine bestimmte Zielgruppe und macht deren Leben dadurch besser. Der Fokus liegt dabei auf dem Ergebnis (Outcome), nicht auf der reinen Erstellung oder Lieferung von Features (Output) . Firmen sollten in Produkten und deren Mehrwert (Value) und nicht in Projekten denken, dies ist der erste Schritt zum agilen Denken.
Wie vermittelt der Product Owner dem Team die Produktvision und den Kundenfokus?
Der Product Owner vermittelt die Produktvision und den Kundenfokus durch einen kontinuierlichen Austausch mit dem Team. Dafür sind klare und regelmässige Kommunikationswege essenziell. Der PO sollte intensiv mit dem Entwicklerteam sprechen, um sicherzustellen, dass die Produktvision und die Kundenbedürfnisse verstanden werden. Gleichzeitig sollte er den Austausch zwischen Kund/innen und dem Team fördern, um direkte Einblicke in die Nutzerperspektive zu ermöglichen. Verschiedene Scrum-Elemente wie Daily Scrums, Backlog Refinements oder Sprint Reviews bieten Gefässe für diese Kommunikation und helfen, den Fokus auf die Produktziele und den Kundennutzen zu bewahren.
Welche Metriken und Techniken unterstützen den Product Owner, um die Produktwertschöpfung strategisch zu steuern?
Um die Produktwertschöpfung strategisch zu steuern, sollte der Product Owner auf outcome-basierte Metriken wie Kundenzufriedenheit, Nutzungsintensität von Features und tatsächliche Kundenergebnisse fokussieren. Ergänzt werden diese durch finanzielle Metriken wie das Verhältnis von Ausgaben zu Einnahmen (ROI). Techniken wie Lean Product Discovery und kontinuierliches Feedback aus Sprint Reviews helfen, datenbasiert und kundenorientiert zu agieren und langfristigen Mehrwert zu schaffen.
Welche Techniken helfen dem Product Owner, die wichtigsten Aufgaben für das Team zu priorisieren, ohne die Produktentwicklung zu verlangsamen?
Der Schlüssel zur Priorisierung liegt in einem klaren Fokus auf die Produktvision und die tatsächlichen Bedürfnisse der Kundschaft. Techniken wie die Kano , RICE-Scoring (Reach, Impact, Confidence, Effort) und Lean Product Discovery helfen dabei, datenbasiert und kundenorientiert zu priorisieren. Outcome-basierte Priorisierung stellt sicher, dass die Arbeit messbaren Nutzen bringt, denn wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig. Durch kontinuierliches Feedback aus Sprint Reviews, enge Zusammenarbeit im Team und regelmässige Backlog-Refinements, auch mit End-Usern, bleibt die Produktentwicklung agil und zielgerichtet.
Wie kann der Product Owner Kundenfeedback einholen und nutzen, um das Produkt in Scrum nachhaltig zu verbessern?
Der Product Owner spielt eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung, dass das Produkt den tatsächlichen Bedürfnissen der Kundschaft entspricht. Kundenfeedback ist hierbei ein wertvolles Werkzeug, das in Scrum kontinuierlich genutzt wird, um das Produkt zu verbessern und nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten. Zwei wichtige Scrum-Elemente dafür sind das Sprint Review und das Refinement und häufige Releases was das ulitmative Feedback vom Markt erlaubt.
📌«Der Scrum Master ist nicht Vermittler oder Filter zwischen dem Produkt Owner und dem Entwicklerteam.»
Was sind typische Missverständnisse zwischen Product Owner und Entwicklerteam, und wie lassen sie sich vermeiden?
Oft wird davon ausgegangen, dass die Entwickler nicht direkt mit dem Product Owner sprechen und der Scrum Master die Rolle als Vermittler innehat. Das stimmt so nicht. Dieses Missverständnis entsteht häufig durch eine falsche Interpretation der Scrum-Rollen. Der Scrum Master ist nicht der Vermittler oder Filter zwischen dem Product Owner und dem Entwicklerteam. Direkte Kommunikation zwischen PO und Team ist essentiell, um Anforderungen, Ziele und Details effektiv zu klären.
Ein weiteres Missverständnis liegt darin, dass viele denken, dass die Entwickler dem Product Owner nicht widersprechen können. Dieses Missverständnis basiert oft auf einer Hierarchievorstellung, die in Scrum nicht vorgesehen ist. Vielmehr ist es so, dass ein Product Owner das Ziel definiert, die Umsetzung aber bei den Entwicklern liegt. Wenn etwas nicht umsetzbar ist, wird es angepasst. Entwickler/innen sind ermutigt, ihre technischen oder umsetzungsbezogenen Einwände und Vorschläge direkt mit dem PO zu besprechen. So wird echtes Committemt (eine der Scrum Values) erstellt.
Wie geht der Product Owner in Scrum mit sich ändernden Anforderungen und Prioritäten um, ohne das Team zu überfordern?
Der Product Owner geht in Scrum mit sich ändernden Anforderungen und Prioritäten um, indem er auf eine klare Kommunikation mit dem Entwicklerteam setzt. Durch Backlog Refinements und Sprint Plannings werden Änderungen gemeinsam besprochen und priorisiert. Das Team wird dabei nicht überfordert, da es die Menge an Arbeit, wie beispielsweise Work in Progress, pro Sprint selbst festlegt. Wo es sinnvoll ist, fördert der Product Owner den direkten Austausch zwischen Entwicklerteam und Kund/innen, um Missverständnisse zu minimieren und Anforderungen besser zu verstehen. Dieses strukturierte Vorgehen sorgt dafür, dass Änderungen effizient integriert werden, ohne die Arbeitslast des Teams zu erhöhen.
Welche Kennzahlen bieten tiefere Einblicke in den Kundennutzen und den Fortschritt der Produktentwicklung?
Der Fortschritt sollte an den Outcomes und Impacts gemessen werden, nicht an reinen Aktivitäten oder Outputs.
Wichtige Kennzahlen: Kundenzufriedenheit, Feature-Nutzung, Customer Retention, Releasete Fortschritte und langfristiger Impact wie CLV und Umsatzwachstum.
Die Erkenntnis davon: Nur was der Kunde wirklich verwenden kann, ist Fortschritt – alles andere ist Inventar.
Scrum Master Ralph Jocham im Videointerview
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