Was ist eine Technologie-Architektur?
Im Kontext einer digitalen Unternehmensarchitektur spielt Technologie eine zentrale Rolle. Markus Schacher zeigt auf, was Technologie-Architektur auf Unternehmensebene bedeutet und nach welchen Kriterien sie entwickelt und gepflegt wird.
Dieser Beitrag stammt aus einer Blogserie zum Thema digitale Unternehmensarchitektur.
Bisher veröffentlicht wurden die Beiträge:
- Teil 1: IT Architektur im Kontext der digitalen Transformation
- Teil 2: 4 Frameworks für die Unternehmensarchitektur
- Teil 3: Die Vorteile einer Geschäftsarchitektur
In seinem vierten Gastbeitrag wendet sich Markus Schacher dem Thema Technologie in der Unternehmensarchitektur zu.
Um darüber zu sprechen, was eine Technologie-Architektur ist und soll, müssen wir zunächst definieren, was unter dem Begriff «Technologie» überhaupt verstehen. Dabei beschränke ich mich nicht auf Informationstechnologien (IT), sondern fasse den Begriff Technologie etwas allgemeiner:
Technologien sind vom Menschen geschaffene Hilfsmittel, die ihm helfen, in seinem Umfeld seine Ziele einfacher zu erreichen.
Basierend auf dieser allgemeinen Definition lassen sich nun zwei Hauptkategorien von Technologien unterscheiden:
- Technologien, die Material be- und verarbeiten
Zum Beispiel Transportmittel, Anlagen, Maschinen und Geräte, welche zur Produktion von Gütern oder zur Erbringung von Dienstleistungen verwendet werden. - Technologien, die Informationen be- und verarbeiten
Zum Beispiel Rechner, Kommunikations- und Netzwerk-Hardware sowie Software-Technologien, welche zur Erbringung kognitiver Leistungen verwendet werden.
Interessant ist, dass heute bei den meisten Ausprägungen dieser beiden Technologie-Kategorien sowohl Hardware als auch Software zum Einsatz kommen:
- Materialverarbeitende Technologien nutzen informationsverarbeitende Technologien, um eine Vielzahl von Funktionen und Abläufen zu automatisieren (Maschinensteuerungen).
- Informationsverarbeitende Technologien erfordern physische Hardware, um überhaupt ihren Zweck erfüllen zu können (Ausführungsplattformen).
Im Umfeld der Fertigungsindustrie differenziert sich diese Unterscheidung noch etwas weiter aus:
- Als Informationstechnologien (IT) werden virtuelle Technologien bezeichnet, welche Büro- und Verwaltungsaufgaben in einem Unternehmen unterstützen.
- Als Operationelle Technologien (OT) werden physische Technologien bezeichnet, welche Shopfloor- und Produktionsaufgaben in einem Unternehmen unterstützen.
Die folgende Grafik illustriert die Abgrenzung zwischen IT und OT in fertigenden Unternehmen, die als Ganzes oft auch als Cyber-physische Systeme (CPS) bezeichnet werden. Eine solche ganzheitliche Betrachtung ist heute insbesondere im Hinblick auf die Sicherstellung der Cyber Security essentiell.
Quelle: ANSI/ISA-95 Standard
Übersicht von Technologien für die digitale Transformation
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- Verwaltungs-Software (ERP, CRM, MES, …)
- Echtzeit-Steuerungen (SPS, Eingebettete Systeme, …)
- AI (Machine Learning, Rule Engines, NLP, Bots, Constraint Solver, RPA, …)
- Moderne UI-Technologien (Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR), …)
- Kommunikation (Fiber, NFC, Bluetooth, WLAN, LTE/5G, OPC-UA, …)
- Edge Computing (Mobiles, Wearables, Embedded Devices, …)
- Datenhaltungssysteme (relationale und post-relationale Datenbanken, Speicher-Devices, …)
- Container und Virtualisierungsplattformen (Docker, Hypervisor, etc.)
- Cloud (Public, Private, Hybrid) und IoT-Plattformen
- DLT (Blockchain, Tangle, Smart Contracts, …)
- Analog-Digital Konversion (Sampling, Imaging, Scanning, …)
- Digital-Analog Konversion (Audio- und Videoanlagen, 2D/3D-Printing, …)
- Security Technologien (Encryption, IAM, digitale Signaturen, …)
Nutzen einer Technologiearchitektur
Die Technologiearchitektur beschreibt die technologischen Hilfsmittel, wie Maschinen oder IT-Systeme, aber auch Daten, die ein Unternehmen nutzt, um sein Geschäft auszuführen. Basierend auf der im dritten Teil eingeführten Unterscheidung zwischen deskriptiven (beschreibenden) und präskriptiven (vorschreibenden) Modellen lassen sich Modelle der Technologiearchitektur beispielsweise für die folgenden Fragestellungen nutzen:
Fragestellungen, die das Verständnis über das Unternehmen fördern und daher die Entscheidungsfindung unterstützen:
- Welche Maschinen und/oder Rechner stehen am Standort XY?
- Wo überall haben wir Kundendaten?
- Welche Applikationen greifen auf Kundendaten zu?
- Welche Technologien verwenden wir?
- Welche Daten werden in Applikation XY verarbeitet?
- Welche Schnittstellen hat Applikation XY und welche Daten fliessen über diese Schnittstellen wohin?
- Von welchen anderen Microservices ist Microservice XY abhängig?
- Wo und in welcher Sicherheitszone steht Rechner XY?
- Welche Rechner haben den Betriebssystem-Patch XY noch nicht installiert
Fragestellungen, die Verhaltensvorgaben für Personal und Partner machen:
- Welche Prinzipien gelten für selbst entwickelte Software?
- Welche Technologien sollen/dürfen eingesetzt werden?
- Welche heute eingesetzten Technologien sollen prioritär ersetzt werden?
- In welche Technologien soll prioritär und warum investiert werden?
- Welche Informationen bzw. Daten dürfen wo und wo nicht und zu welchem Zweck gespeichert werden?
Insbesondere mit der letzten Fragestellung öffnet sich eine ganz eigene Büchse der Pandora, nämlich diejenige der Informationssicherheit und des Datenschutzes. Aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas, soll ihm eine eigene Folge in dieser Artikelserie gewidmet werden.