10 Fragen zu Neuromarketing oder warum wir kaufen, was wir kaufen.

Erst wenn wir verstehen, was unsere Kunden bewegt, können wir sie auch mit unseren Produkten begeistern. Wie sich die Kommunikation und die Konversionsraten sofort verbessern, wenn wir die Erkenntnisse des Neuromarketings nutzen.

Autor/in Stefan Dudas
Datum 12.11.2020
Lesezeit 10 Minuten

1. Warum kaufen wir, was wir kaufen? 

Eigentlich müsste die Antwort sein, «wir kaufen etwas, weil wir es unbedingt brauchen». Dem ist aber natürlich nur in den seltensten Fällen wirklich so. Oder brauchen wir die aller neueste Gesichtscreme mit Hyaluron-Life-lift-Booster wirklich? Wir kaufen etwas, weil wir uns davon etwas erhoffen. Wir hoffen darauf, erfolgreicher, schöner, anerkannter, zufriedener oder was auch immer zu sein. Oder wir kaufen etwas, um uns zu belohnen oder zu trösten. Dahinter stecken psychologische Muster und Trigger (Auslöser). Wenn man die kennt und auslösen kann, wirkt die Kommunikation besser.

2. Einfach und kurz erklärt, was ist Neuromarketing?

Neuromarketing ist ein Bereich des Marketings, der Erkenntnisse der Hirnforschung und Psychologie für die Optimierung von Kommunikation und Marketing nutzt.

Neurowissenschaftler untersuchen schon lange, was im Gehirn des Konsumenten passiert und welche Faktoren hier beeinflussend wirken. Das heisst, wir greifen in der Praxis auf Studien und Tests zurück, deren Erkenntnisse wir für uns nutzen können. Diese Erkenntnisse werden mit psychologischen Erkenntnissen gekoppelt. Daraus entsteht eine bessere, wirksamere Kommunikation. Wenn ich weiss, wie der Mensch «funktioniert», kann ich ihn auch (noch) besser ansprechen.

3. Und was hat Neuromarketing mit unserer Kaufentscheidung zu tun? 

Der Kunde nimmt Marketing generell nicht sehr bewusst war. Er nimmt zwar Werbung wahr, steht er dann aber vor dem Joghurt-Regal, greift er «einfach» zu. Aus Marketing-Sicht ist die Frage natürlich sehr spannend, welche Faktoren die Kaufentscheidung beeinflussen. Diese Faktoren sind sehr oft rational kaum zu erklären – sie funktionieren aber dennoch. Wenn ich zum Beispiel etwas über die Kraft der Farben weiss, kann ich die Kauf-Buttons auf der Website gezielt in einer nicht Corporate-Design-Farbe einfärben, was dann vielleicht die Conversion-Rate steigert. Gerade im Online-Bereich ist das alles sehr gut messbar.

4. Welche Erkenntnisse aus dem Neuromarketing erstaunen besonders? 

Mich persönlich überrascht immer wieder, wie einfach wir zu durchschauen (und damit zu manipulieren) sind. Wir halten uns meist selber für einen «Kopfmenschen», der Entscheidungen völlig rational fällt.
Dem ist allerdings selten so. Wir entscheiden aufgrund von Prägungen, Geschichten, Erfahrungen, Eindrücken und Meinungen. Zudem überrascht mich immer wieder, wie wenig KMUs die optimale Kundenansprache im Blick haben. Hier ist aus meiner Sicht extrem viel Potenzial ungenutzt.

5. Warum sollten Unternehmen die Erkenntnisse aus dem Neuromarketing nutzen?

Warum machen wir Marketing? Weil wir verkaufen wollen. Und genau dabei hilft Neuromarketing als Zusatz zum «herkömmlichen» Marketing.

Nehmen wir die Website als Beispiel: Ich behaupte, dass mindestens 70 Prozent aller Websites Kundenblocker sind. Weil sich der Kunde auf der Startseite gar nicht angesprochen fühlt. Bilder, Farben, Texte wirken auf den Kunden. Sind diese nicht passend, ist der Kunde nach maximal drei Sekunden wieder weg. Das spannende dabei: Der Websitebesucher denkt nicht bewusst über die Bilder oder Farben nach. Er wird die Seite einfach wieder verlassen und weiter googeln. Wir müssen uns also noch tiefer mit dem Kunden, seinen Bedürfnissen, Ängsten, Hoffnungen, Träumen etc. befassen. Man muss den Kunden erst richtig verstehen, bevor man ihm mit seinem Produkt helfen kann.
Kurz: Die Kommunikation verbessert sich markant, wenn man die Erkenntnisse des Neuromarketings einsetzt.

6. Welche Personen innerhalb eines Unternehmens sollten sich ein Basiswissen im Neuromarketing zulegen?

Personen, die viel mit Menschen zu tun haben. Sei es im Kundenkontakt (Verkauf- und Marketing) oder in der Kommunikation. Aber auch die Geschäftsleitung profitiert von diesem Wissen. Schliesslich geht es bei Neuromarketing auch immer darum, einfach besser und wirkungsvoller zu kommunizieren. Besseres Marketing zu machen, ist natürlich für alle Verkäufer aber auch für Sachbearbeiter (die ja Angebote schreiben) extrem wichtig. Auch Website-Ersteller sollten unbedingt mehr über die Trigger und Ansprache der Website-Besucher wissen.

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7. Hast du konkrete Beispiele, wie der Einsatz von Neuromarketing einer Firma/einem Brand oder einem Produkt geholfen hat, das Business auszubauen?

Da gibt es natürlich viele Beispiele. Meist meint man, dass sich das nur für grosse Unternehmen lohnt. Darum ein Beispiel eines kleinen Unternehmens (Anbieterin einer speziellen Therapieform). Wir haben die Website und damit die Ansprache des Kunden optimiert. Ein paar Monate später rief sie mich an, dass sie ausgebucht sei. Natürlich ist das nicht nur auf die Marketing-Art zurückzuführen, allerdings konnte die Conversion (die Anzahl von Besuchern, die dann auch Kontakt aufnehmen) massiv gesteigert werden.

Gerade bei Branchen, in denen Vertrauen sehr wichtig ist, ist es entscheidend, dass man dieses Vertrauen auch auf der Website «generiert». Auch hier spielen Bilder, Farben, Icons, Logos und Texte die entscheidende Rolle.Meist besteht das erste Ziel darin, die Website-Kommunikation zu optimieren. Anhand der Website stellen sich viele grundlegende Fragen, die sich in der gesamten Kommunikation des Unternehmens wiederfinden. Es geht hier um viele Bereiche wie Bildkommunikation, Texte, Titel und Ansprache, welche eine unglaubliche Wirkung erzielen können.

Nochmals: Ich sehe täglich Websites, welche potenzielle Kunden fast aktiv davon abhalten Kunden zu werden. Das muss aufhören.

8. Was erfahren wir durch den Einsatz von Neuromarketing, das wir nicht auch über Umfragen herausfinden könnten?

Durch Befragung bekommt man eine rationale Antwort. Diese Antwort muss aber nicht wirklich stimmen. Nicht, weil diese Personen lügen oder nett sein wollen. Nein, weil sie es schlichtweg nicht wissen. Wir kaufen zum grossen Teil «unbewusst» ein. Um mehr über die Bedürfnisse der Kunden herauszufinden, macht man z.B. sogenannte A-/B-Test. Man erstellt ein Duplikat der Homepage und macht darauf eine Änderung und analysiert, ob die Seite jetzt besser oder schlechter bei den potentiellen Kunden ankommt. Man testet also «live». Ohne, dass die Website-Besucher davon etwas bemerken.

9. Könnte eine emotionale Kommunikation nicht auch unseriös wirken? 

Nein, sicher nicht. Wir meinen immer noch, wenn wir ZDF-Kommunikation machen (Zahlen, Daten, Fakten) würde das jemanden beeindrucken oder berühren. Wir glauben zu oft noch, dass die Qualität, das Produkt oder die Leistung für sich selber sprechen sollen. Tun sie meist nicht. Nicht immer setzt sich (leider) das beste Produkt durch. Gerade in der Schweiz stellen wir unser Licht immer noch zu oft unter den so bekannten Scheffel. Ich erlebe das stark bei Vorträgen. Ein inhaltsstarker Vortrag wirkt komatös, wenn man das Publikum nicht abholt und zumindest etwas Emotion einfliessen lässt. Das Feuer, die Begeisterung muss (authentisch) erlebbar sein. Wir müssen wieder lernen, selbstbewusster und offensiver zu wirken. Ja, es geht heute meist nicht mehr um Leistung (die wird vorausgesetzt), sondern um die Wirkung, die wir erzielen. 

Wenn wir Geschichten erzählen (und in der Werbung werden fast nur Geschichten erzählt), bleiben wir dran. Weil jeder Mensch Geschichten liebt. Geschichten transportieren Emotionen und berühren damit den Menschen. Das bleibt.

10. Du bist ein Anhänger der Sinn-Kommunikation. Was verändert sich, wenn wir den Kunden sagen, warum wir etwas anbieten oder tun?

Ich befasse mich seit vielen Jahren mit dem Sinn in Unternehmen (und auch im Leben). Das ist mein Beruf und meine Berufung. Ich bin immer wieder fasziniert, was in Menschen passiert, wenn ihnen bewusst wird, was sie wirklich tun. Da ist plötzlich wieder ein Feuer in den Menschen. Und dieses Feuer bewirkt so unglaublich viel. Und dieses Feuer, diese echte Begeisterung wirkt sich auf unsere Kommunikation und damit auf unsere Kunden aus. Wenn meine Kunden wissen, warum ich etwas tue und dass mir das wichtig ist und ich es auch gerne mache, ist das unbezahlbar.
Wenn Sie Samstag-Abend in ein Restaurant essen gehen und die Bedienung kommt an den Tisch und fragt: «Haben Sie etwas gefunden?» ist das die eine Wirkung. Kommt die Bedienung an den Tisch und sagt mit einem (echten) Lächeln: «Herzlich willkommen. Ich bin Sandra und ich bediene Sie heute. Unser Spezial-Abendmenü ist…» ist das eine ganz andere Wirkung und damit eine neue Dimension. Kleine Unterschiede. Wer bekommt mehr Trinkgeld? Die eine Bedienung bedient die Kunden und bringt Essen. Die andere Bedienung verschafft den Kunden einen wunderbaren Abend mit leckerem Essen. Die Kunden, aber auch diese Mitarbeiterin werden wesentlich mehr Spass haben. Und genau darum muss es gehen.


Autor/in

Stefan Dudas

Stefan Dudas ist Redner, Coach, Autor und Dozent. Als selbstständiger Webmarketing-Berater unterstützt er Klein- und Mittelbetriebe mit wirksamen Online-Marketing-Strategien. Zudem ist er als Redner mit seinem Thema «sinnbasiertes Management» in deutschsprachigen Unternehmen unterwegs, hält Impulsvorträge und führt Seminare und Coachings durch. Stefan Dudas ist auch Dozent an verschiedenen Schweizer Bildungsinstituten, unter anderem bei Digicomp.