Das neue Marketing Mindset: Kennen Sie Ihr Analytics und Ihre ROIs?
Alle sagen Neukundengewinnung. Digital Marketing Expert Roger Basler sagt, schauen wir uns mal die ROIs an. Warum ein Fokus auf die Bestandskundenpflege oft die bessere Strategie ist und welches neue Marketing Mindset das verlangt.
Status Quo – worauf legen Unternehmen mehr Wert: Neukundengewinnung oder Stammkundenpflege?
Erfolgreiches Marketing ist nicht immer ausschliesslich mit der Akquise neuer Kunden gleichzusetzen. Dennoch wird der Neukundengewinnung im Digital Marketing grosse Aufmerksamkeit zuteil. Das Heil und der Erfolg eines jeden Unternehmens scheint im Erschliessen neuer Kunden und Märkte zu liegen – zumindest ist es das, was dem einschlägigen Head of Marketing und der Geschäftsführung eines Unternehmens suggeriert wird. Das gilt insbesondere für den Bereich des digitalen Marketings, das sich – allem Anschein nach – hauptsächlich im Dienste des potentiellen Kunden sieht.
«Akquiriere neues Klientel durch Digital Marketing und Deine Conversion Rates explodieren!» So lautet das mehr oder minder unverhohlene Versprechen. Das immerwährende Streben nach dem positiven ROI veranlasst Unternehmen dazu, sich auf die Jagd nach Neukunden zu fokussieren.
Das primäre Ziel hinter all den Marketingaktivitäten, die sich im Onlinebereich abspielen, ist die Gewinnung möglichst vieler neuer Kunden. In- und Outboundmarketing, Geotargeting, Affiliate Marketing, Search Engine Optimization – alles zielt darauf ab, Neukunden sein Eigen nennen zu können. Das klassische Digital Marketing ist voll von möglichst kreativen, neuen und bewährten Mitteln, ganze Bücher befassen sich damit.
All diese Massnahmen wollen aus Unternehmenssicht gut budgetiert sein, kosten sie nicht selten ein Vermögen. Im Zeichen des stets omnipräsenten Wettbewerbs um den potentiellen Kunden lassen sich Unternehmen so einiges einfallen. Denn wird darauf verzichtet, ist die Konkurrenz nicht weit und stets überaus gerne bereit, den Platz beim Kunden einzunehmen.
Was dabei aber oft aus dem Fokus gerät: was passiert mit den Bestandskunden?
Wo sind sie in der Customer Journey und welchen Platz nehmen sie in der Marketing-Abteilung eines Unternehmens eigentlich ein? Die Kundenbindung ist doch im Grunde das, was ein Unternehmen auf Dauer erfolgreich macht – sie ist eine der Indikatoren dafür, wie gut die Abteilungen zusammenarbeiten, um den Kunden bei Laune zu halten und – im besten Fall – auch noch einen Multiplikator zu gewinnen, der die positive Kunde laut in die (Neukunden)Welt hinausträgt. Also weshalb wird diesen Kunden oft nur eine halbgare Marketingstrategie vorgesetzt?
Zu Recht fragen sich manche Stammkunden, warum potentielle Kunden mit Incentives, Geschenken und Rabatten umgarnt, ja geradezu bombardiert werden? «Als Erstbesteller erhalten Sie 10% Rabatt!», so oder so ähnlich klingen gut gemeinte Slogans. Und was bitte erhält der treue Kunde, der regelmässig ordert? Nichts? In den meisten Fällen ist das wohl die korrekte Antwort.
Warum die Stammkundenpflege einen höheren Stellenwert in Unternehmen einnehmen sollte
Das eine oder andere Unternehmen hat es schon für sich entdeckt: die Stammkundenpflege, das sogenannte «Farming». Ein grosser schwedischer Modehersteller beispielsweise hat einen Club entwickelt, bei dem Kunden Mitglied werden und durch wiederholte Bestellungen entsprechende Punkte sammeln, die auf künftige Bestellungen Rabatte einräumen. Andere Unternehmen geben Kundenkarten aus, mit Hilfe derer wiederkehrende Einkäufer Rabatte oder Geschenke erhalten. An anderen Unternehmen scheint dieser Trend hingegen völlig vorbeizugehen. Beispielsweise Zeitungsverlage, die ohnehin gegen den mächtigen Konkurrent «Digital» kämpfen müssen, denen die Abonnenten wegbrechen und schon gar keine neuen mehr nachkommen, sehen sich zunehmend in einem Dilemma. Um aber am Markt bestehen zu können, reicht es nicht, neue Kunden zu generieren, sondern es muss eben auch bestehenden Kunden das Gefühl der Wertschätzung vermittelt werden. Entsprechend anders sollten deshalb auch die Marketingaktivitäten aufbereitet werden.
Inwiefern müssen Unternehmen ihr Marketing Mindset ändern?
Besonders für die Stammkunden im Online-Geschäft wollen Marketingstrategien geändert werden. Das magische Wort: Kundenbindung. Was wie eine leere Worthülse klingt, ist der Schlüssel zum höheren Gesamtumsatz für Unternehmen. Die Online-Kundenbindung muss hauptsächlich mit Hilfe von individueller Kommunikation hergestellt und aufrechterhalten werden. Dem Stammkunden muss das Gefühl vermittelt werden, dass dem Unternehmen seine individuelle Loyalität und Bindung ein wichtiges Anliegen ist.
Das Ziel – gerade online – liegt dabei auf der Hand: der Kunde muss nicht nur von den Qualitäten des Produkts, sondern auch von den Qualitäten des Unternehmens überzeugt werden und deshalb als Stammkunde durch schnelle und gezielte Ansprache gewonnen werden. Das gängige Marketing Mindset von Unternehmen muss sich in Richtung genau dieser Bestandskundenpflege hin ändern.
Was muss von Seiten der Unternehmen getan werden?
Der Kundendialog, bei dem sich der Kunde individuell und persönlich angesprochen fühlt, ist ein Schlüsselelement in der lebendigen Stammkundenbeziehung. Ein Schlüsselelement deshalb, weil sich eine Customer Success Story nicht von allein schreibt. Es reicht also nicht, einfach nur ein gutes Produkt zu verkaufen und der Kunde verschwindet damit in der Versenkung. Nein, hier muss durch die effektive Kombination verschiedener Online-Marketingmassnahmen darauf hingearbeitet werden, dass sich eine erfolgreiche Story daraus entwickelt. In der Folge kann das Unternehmen nicht nur eine hohe Stammkundenzufriedenheit vorweisen, sondern auch eine enge Kundenbindung, die sich durch Neubestellungen bemerkbar macht. Ist der Kunde emotional an das Unternehmen gebunden, kann sich das Unternehmen seiner Multiplikatoren-Funktion sicher sein.
Allerdings: nicht jeder Kunde kommt von allein auf darauf, welch tolles, ja völlig konkurrenzloses Produkt er da erworben hat. Nicht jeder B2B-Kunde kommt auch beim nächsten Mal von ganz allein wieder, nicht jeder B2C-Kunde schreibt von allein die 5-Sterne-Bewertung auf der Facebook-Seite. Was also als Unternehmen tun? Dem Kunden muss klargemacht werden, welchen Mehrwert er durch den Erwerb davonträgt. Ganz gleich, ob Endverbraucher oder nicht, B2B2C Marketing schliesst alle ein.
Für den individuellen Customer Success muss dem Kunden der Mehrwert des erworbenen Produkts systematisch demonstriert werden. Die einzelnen Produkteigenschaften müssen positiv herausgestellt und dem Kunden das Gefühl eines einmaligen Produkts vermittelt werden. Mit Hilfe positiver Emotionen, die der Kunde mit dem Produkt assoziiert, entsteht gleich zu Beginn der Customer Journey ein ebenso positives Bild des Unternehmens. Customer Success ist daher kein eindimensionaler Versuch, dem Kunden die Vorteile eines Produkts näherzubringen, sondern mehrdimensional: es bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, sich von der Konkurrenz durch seine loyale Kundschaft abzuheben, es bietet auch die Möglichkeit, den Kunden als positiven Multiplikator zu nutzen und der Kunde erhält vom Unternehmen unter Umständen das eine oder andere Incentive. Der Weg vom emotionalisierten zum Stammkunden ist nicht mehr weit.
Welche Massnahmen können Unternehmen ergreifen?
Um den Customer Success eines Kunden im digitalen Marketing voranzutreiben und ihn als Stammkunden auch langfristig zu begeistern, muss eine gezielte Strategie her. Unkoordiniertes Marketing, das sich von dem der Neukundenakquise nicht unterscheidet, wäre blosses Stochern im Kundennebel. Customer Success sollten daher in das unternehmerische Marketing eingebunden werden. Das heisst, nicht nur die blossen Marketingaktivitäten gilt es auf den Customer Success abzustimmen, sondern auch auf den Sales-Bereich und die unternehmerische Organisation selbst.
Denn die Philosophie nur innerhalb der Marketing-Abteilung des Unternehmens zu etablieren, macht wenig Sinn. Stattdessen muss die dahinterliegende Idee im gesamten Unternehmen implementiert werden. Nur dann kann ein nachhaltiger Mehrwert für den Kunden geschaffen werden.
Für Unternehmen heisst das, den Kunden nicht einfach so mit dem Produkt allein zu lassen, sondern ihm auch nach dem Kauf zur Seite zur stehen. Sei es durch Telefonsupport, kostenlose Zusatzservices per Email oder Kundendienste, die die Zufriedenheit des Käufers gewährleisten. Das proaktive Auf-den-Kunden-zugehen, verlässliches und kompetentes Feedback und das Engagement des Unternehmens pflegen die Beziehung zum Kunden damit von Anfang an und vermitteln das Gefühl der Wertschätzung. Die dadurch entstehende Vertrauensbasis zwischen Kunde und Unternehmen aufrechtzuerhalten, ist deutlich günstiger als neue Kunden zu gewinnen. Zudem reduziert das Unternehmen nicht nur seine Kosten, sondern verringert auch das Risiko der Kundenabwanderung zur Konkurrenz.
Gibt das Unternehmen seinen Stammkunden über diverse kostenfreie oder aber auch kostenpflichtige Angebote die Möglichkeit, sich weiterzubilden, hat es nicht nur eine weitere Erlösquelle, sondern auch seine eigenen Experten geschaffen, die im Sinne des Unternehmens agieren. Die persönliche und emotionale Ansprache des Kunden ist daher unabdingbar, um eine langfristige Kundenbindung herzustellen. Erfolgreiches B2B2C Marketing hat daher seinen Ursprung nicht in der Kundenart, sondern im Unternehmen. Die Benefits eines veränderten Marketing Mindsets liegen dabei mehr oder weniger auf der Hand: glückliche Kunden, die dem Unternehmen gegenüber loyal agieren und als Käufer immer wieder kommen.
Eine stabile Kundenbindung wiederum führt durch Weiterempfehlung sehr viel wahrscheinlicher – und am Ende auch zuverlässiger – zu neuen, ebenso stabilen Kunden. Selbst bei negativen Erfahrungen des Kunden mit dem Produkt kann ein Churn, d.h. eine Abwanderung, eher vermieden werden. Up- oder Cross-Selling ist bei solchen Bestandskunden einfacher als bei Neukunden, die das erste Mal bestellen oder kaufen. Die hohen Investitionen, die für Kaltakquise anfallen, lassen sich einsparen – sicherlich ein Argument, das der Controlling-Abteilung gefallen wird. Nicht zuletzt schützen Stammkunden auch vor ernsthaften Unternehmenskrisen, denn sie halten dem Unternehmen in der Regel auch in schlechten Zeiten die Stange. Customer Success ist daher nicht nur eine nachhaltige Investition in die Kundenzufriedenheit, sondern auch in die Unternehmenszukunft.
Gerade deshalb müssen wir vermehrt in Disziplinen wie Analytics und ROI investieren und verstehen, welcher Franken sich wo wirklich lohnt.
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