Lifelong Learning: wieso Mitarbeitende gefördert werden sollten

Vereinfacht, stellen sich drei Fragen: Was brauche ich, um beruflich Fuss zu fassen? Was, um weiter voran zu kommen? Und was um zu bestehen? Die Antworten zu diesen und weiteren Fragen finden Sie in diesem Blogbeitrag sowie die Erkenntnis, wieso Lifelong Learning für Mitarbeitende so wichtig ist.

Autor/in Ilona Diesner
Datum 04.07.2020
Lesezeit 7 Minuten

Alles bleibt immer so, wie es ist und so wie es immer war. Eine unrealistische Vorstellung? Wirklich? Wäre es denn nicht sehr entlastend, wenn alles immer so bleiben würde, wie es ist? Eine zugegeben provokative Frage.

Gerade in der heutigen Zeit ist mehr denn je feststellbar, dass die viel beschriebene VUCA-Welt gar nicht so weit weg ist und sich gefühlt von heute auf morgen ganz neue Herausforderungen ergeben. Uns wird vor Augen geführt, wo Entwicklungsbedarfs bestehen – jedem Einzelnen von uns.

«Die Idee des lebenslangen Lernens ist mehr denn je relevant und handlungsleitend für unser berufliches Tun und darüber hinaus für unser Dasein als Mensch.»

Keine Angst, dies wird keine philosophische Abhandlung über den Sinn von Veränderung. Vielmehr geht es aus fachlicher Sicht um die Bedeutung eines Konzepts, das bereits seit den 60er Jahren thematisiert, immer wieder diskutiert wird und dabei fast schon abgegriffen klingt: Lifelong Learning oder Lebenslanges Lernen. Die Idee dahinter ist mehr denn je relevant und handlungsleitend für unser berufliches Tun und darüber hinaus für unser Dasein als Mensch.

Was ist Lernen?

Mit Lernen wird umgangssprachlich meist die Aneignung von Wissen verstanden. Das, was in den ersten 25 Jahren des Lebens passiert, in Schule, Ausbildung oder Studium. Dabei ist es weit mehr. Lernen meint umfassender betrachtet, die zielgerichtete, relativ stabile Erweiterung von Kompetenzen eines Menschen. Kompetenzen ist ein ganzheitlicher Begriff, der aufnimmt, dass es nicht nur Wissen braucht, um Situationen bewältigen zu können, sondern auch Fertigkeiten und Einstellungen. Dabei setzt Kompetenzentwicklung bei dem an, was bereits da ist und baut darauf auf, indem neue Möglichkeiten zum Handeln geschaffen werden.

Im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt und der damit einhergehenden Veränderungen fordern Unternehmen Mitarbeitende, die sich flexibel auf neue Situationen einstellen können und so auf eine schnell verändernde Arbeitswelt reagieren können oder besser noch: proaktiv agieren können.

Lebenslanges Lernen hat deshalb für Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert, wie der Hays HR-Report 2020 zum Lebenslangen Lernen aufgrund einer Befragung von knapp 1000 betrieblichen Entscheidern belegt.

Was heisst das nun für Sie oder Ihre Mitarbeitenden? Lernen kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise erfolgen und ist auch davon abhängig, in welcher Phase der Berufsbiografie Sie sich befinden. Vereinfacht betrachtet, stellen sich für jeden Einzelnen bezogen drei Fragen: Was brauche ich, um beruflich Fuss zu fassen, um weiter voran zu kommen und zu bestehen?

Was brauche ich, um beruflich Fuss zu fassen?

Beim beruflichen Einstieg sei es erstmalig oder beim Beginn einer neuen Stelle, geht es zunächst darum, fachliche Kompetenzen aufzubauen bzw. diese entsprechend der tatsächlichen Herausforderungen vor Ort weiterzuentwickeln.

Wie kann ich möglichst schnell und effizient Wissen und Fertigkeiten erwerben, um meinen neuen Job erfolgreich bewältigen zu können? Neben einem Lernen on the Job kann dies auch bedeuten, Kurse und Weiterbildungen formaler Art zu besuchen, um die geforderten Kompetenzen zielgerichtet zu erwerben. Insbesondere wenn es darum geht, die eigenen Kompetenzen nachzuweisen, spielen Zertifikate und Abschlüsse eine bedeutsame Rolle.

Im Arbeitsleben wird es immer wieder Phasen geben, wo fachliches Wissen erneuert, angepasst und neu aufgebaut werden muss. Dies kann dann auf vielfältige Weise geschehen und neben dem Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen auch durch die Beschäftigung mit Fachliteratur (analog und digital) oder dem eher informellen Austausch mit Kollegen (am Arbeitsplatz, übergreifend, ausserhalb des Unternehmens) erfolgen, um nur einige Beispiele zu nennen. Wobei im Rahmen der Frage des Nachweises Zertifikatslehrgängen eine wesentliche Bedeutung zukommt.

Was brauche ich, um beruflich weiter zu kommen?

Fachlich gut positioniert, stellt sich die Frage einer zunehmenden Verantwortungsübernahme. Selten geschieht dies im Rahmen einer Expertenkarriere, häufiger ist es mit Führungsverantwortung verbunden. Damit stellen sich automatisch neue Fragen: Wie fordere und fördere ich meine Mitarbeitenden? Wie sehe ich mich als Führungskraft? Wie bewältige ich die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Zielen? Wie gehe ich mit Herausforderungen um?

Ein Lernen in Weiterbildungsveranstaltungen ist möglich, ergänzt wird es durch einen Austausch mit Personen – umso höher Sie in der Unternehmenshierarchie steigen – zunehmend ausserhalb des Unternehmens, beispielsweise in Erfahrungszirkeln oder Coachinggesprächen.

Was brauche ich, um beruflich zu bestehen?

Mit zunehmendem Alter nimmt die Forderung nach selbstgesteuertem Lernen zu. Es geht darum, die Freiheit zu haben, selbst zu bestimmen, wie und wofür gelernt wird. Weiterbildungsformate sind dann erfolgreich, wenn sie diesen Bedarf aufnehmen und entsprechend gestalten.

Ein Blick über den Tellerrand kann für jeden Einzelnen sehr unterschiedlich sein: für den einen bedeutet es die fachliche Qualifizierung in neuen Themenbereichen, für den anderen die Auseinandersetzung mit neuen Herausforderungen im Bereich der Social Skills.

Dabei treten Fragen auf, wie z.B.:

  • Wie kann ich meine Expertise an jüngere Mitarbeitende weitergeben? Wie bleibe ich geistig fit und agil?
  • Wie begegne ich der VUCA-Welt von morgen?
  • Wie schaffe ich mir Entscheidungsfreiheiten und gestalte diese?

Das Positive daran ist, zu jeder Zeit die Erfahrung zu machen, dass es Neues zu entdecken gibt. Ressourcen, die schon immer da waren, wieder zu entdecken und zu fördern.

Lebenslanges Lernen begleitet uns ein Leben lang. Es meint die Bereitschaft, sich mit sich selbst und dem was sich im Aussen zeigt, auseinanderzusetzen. Denn Lernen setzt an dem an, was bereits da ist. Es nimmt die Fragen auf, die sich Ihnen in Ihrem Alltag stellen. Manchmal führt es zu neuen Fragen. Auf jeden Fall schafft Lernen neue Möglichkeiten. Im Job, im Privaten und in der Begegnung mit der Welt.

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Autor/in

Ilona Diesner

Ilona Diesner ist promovierte Wirtschaftspädagogin. Sie hat viele Jahre das Center for Teaching Excellence der Universität St.Gallen geleitet und war als Projektleiterin für das Swiss Center for Innovations in Learning (scil) tätig. Als Expertin für Bildungsmanagement hat sie neben den scil-Trendstudien eine Vielzahl von Fachbeiträgen zur zukunftsfähigen Gestaltung für Bildungsmanagement veröffentlicht. Heute ist sie selbstständig tätig. Sie initiiert und begleitet Entwicklungsprozesse für Einzelne als auch Organisationen in Workshops, Trainings und Coachings.