Die Kompetenzfelder des Change Agent
Digicomp Change-Expertin Sue Ruf skizziert in diesem Artikel die Kompetenzfelder, die ein agiler Change Agent unbedingt beherrschen sollte.
Die Digitalisierung, die Agilisierung, die Reorganisationsprojekte, die neuen Prozesse: All diese Initiativen kannst du nur erfolgreich und nachhaltig umsetzen, wenn die Mitarbeitenden in deiner Organisation den Sinn und Zweck der Veränderung erkennen und mittragen.
Die Projekte werden meistens in einem kleinen Kreis aufgesetzt und sobald sie dann spruchreif sind, an die Mitarbeitenden verkündet. Dabei entsteht oft eine Wissenslücke zwischen dem Projekt-Kernteam und den Mitarbeitenden. Das Kernteam hat sich schon viele Male Gedanken zu allen möglichen Optionen gemacht. Die Mitarbeitenden haben nach der Kommunikation aus dem Projekt ebenfalls das Bedürfnis sich Gedanken zu ihrer persönlichen Zukunft, der ihres Teams und der ganzen Abteilung oder Organisation zu machen. Für das Projektteam kann diese Phase ermuedend sein, da sie ja schon viel Energie ins Vordenken der Optionen und Loesungswege investiert hatten.
Den Veränderungsprozess aktiv gestalten
Um hier das Konfliktpotential so gering wie möglich zu halten, ist es sinnvoll und notwendig, dass sich das Projekt-Kernteam Gedanken um die aktive Gestaltung des Veränderungsprozesses macht. Dabei geht es nicht darum, die Zielorganisation, die neuen Prozesse oder die neue Kultur bereits fixfertig zu skizzieren – sondern ein für die Organisation und deren Mitarbeitenden verdaubares Tempo für die Veränderung anzuschlagen, immer mit Ruecksicht auf das Gesamtsystem. Zu grosse Schritte koennten das System ueberfordern und die Veraenderungsbereitschaft massiv reduzieren oder gar blockieren.
Interessanterweise begegne ich in meinen Trainings immer wieder der Meinung, dass Change Management-Skills sich vor allem dadurch auszeichnen, dass die Mitarbeitenden in ihrem persönlichen Prozess mit sehr viel Mitgefuehl verzaertelt werden, jedoch kaum eine konkrete Fuehrung des Veraenderungsprozesses stattfindet. Nach meiner Erfahrung brauchen Change Agentinnen und Change Agenten neben der Empathie fuer den Menschen noch sehr viel mehr Kompetenzen.
Melanie Franklin hat mit ihren Student/innen aus vielen Veraenderungsprojekten drei Kompetenzfelder herausgearbeitet :
Bei den sozialen Kompetenzen geht es vor allem darum, dass die Mitarbeitenden von einer Person, die sie durch einen Veraenderungsprozess begleitet, ein konsistentes Verhalten sehen.
Das Vertrauen der Teams in den Change Agent/innen staerkt sich, wenn die Aussagen und Abmachungen verlässlich sind und wenn die Person glaubwürdig ist.
Dies ist fuer Change Agentinnen und Change Agenten keine leichte Aufgabe, denn sie befinden sich allzu oft in einer Zwickmuehle zwischen den Forderungen des Managements und den Beduerfnissen der Teams und der Mitarbeitenden. Es muss ihnen also gelingen, in diesem Hochseilakt die Kommunikation authentisch zu gestalten, auch wenn das unter Umstaenden heisst, dass Zielkonflikte angesprochen werden muessen.
Neben den sozialen Kompetenzen ist das Change Management-Wissen zentral. Die Tools und die Grundlagen des Change Management muessen Change Agentinnen und Change Agenten jederzeit bewusst und griffbereit sein. Es ist sinnvoll, wenn sich Change Agentinnen und Change Agenten auf ein paar wenige Tools beschraenken, die sie in allen Situationen anwenden koennen. Oft reichen fuer Workshops die einfachsten Mittel aus, denn es geht nicht darum, den Mitarbeitenden zu zeigen, dass die neusten Methoden fuer Workshop-Gestaltung gelernt wurden, sondern darum, in den Workshops eine echte Atmosphaere der Partizipation herzustellen. Wichtig ist es, dass die Change Agentinnen und Change Agenten alle Interventionen gekonnt und zielgerichtet setzen und die Nachbearbeitung der Ergebnisse nicht vergessen.
Der Change Agent benötigt Kontext-Wissen
Um in der Organisation ein verdaubares Tempo fuer die Prozessbegleitung herzustellen, ist es notwendig, dass Change Agentinnen und Change Agenten ueber Kontext-Wissen verfuegen. Sie muessen die Gesamtzusammenhaenge von Projekten, Initiativen, Kultur, Charakter und Umfeld der Organisation erkennen und die Veraenderungsaktivitaeten auf diese Umstaende ausrichten. Auch hier entsteht oft ein Spannungsfeld. Change Agentinnen und Change Agenten erkennen z. B. schon sehr frueh, welche Schritte zu tun waeren, doch die Organisation ist noch nicht bereit dazu. Dann nuetzt es nichts, in der Organisation Druck zu machen, sondern es hilft nur mittels gekonnt gesetzter Interventionen die Erkenntnis und Bereitschaft der Organisation reifen zu lassen, um die naechsten Schritte zu tun.
Das Tempo des Change Prozesses ist entscheidend
Ein zweites Spannungsfeld kann sein, dass das Management ein hoheres Tempo erwartet, als die Mitarbeitenden bereits sind mitzugehen. Auch hier kann durch geschickte Moderation auf beiden Seiten am Tempo respektive an der Erwartung gearbeitet werden.
Die Rolle von Change Agentinnen und Change Agenten beschraenkt sich also nicht nur darauf, die Mitarbeitenden am Haendchen zu halten und den Change mit ihnen auszuhalten. Im Gegenteil: Agile Change Agentinnen und Change Agenten koennen den Veraenderungsprozess so gestalten, dass die Mitarbeitenden die Veraenderung mitgestalten, mittragen und die Organisation in einem fuer sie optimalen Tempo die Veraenderungen nachhaltig umsetzen kann.
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