Kollaboration vor Effizienz
Effizienz ist die grosse Errungenschaft der modernen Arbeitswelt. Ford übernahm mit dem Förderband die Marktführerschaft für Automobile. Das Bild der «Maschine» prägte die Gestaltung unserer Organisationen die letzten 100 Jahre lang. Es ist Zeit für ein neues Paradigma.
Effizienz ist die grosse Errungenschaft der modernen Arbeitswelt. Ford übernahm mit der Maschine «Förderband» die Marktführerschaft für Automobile. Das Bild der «Maschine» prägte die Gestaltung unserer Organisationen die letzten 100 Jahre lang. Es ist Zeit für eine neues Paradigma.
Das Original dieses Artikels wurde von Oliver Müller auf LinkedIn veröffentlicht.
Der Mc-Kinsey-Report vom Januar 2018 «5 Merkmale von agilen Organisationen» beschreibt, was Laloux bereits im Februar 2014 in Reinventing Organizations festgestellt hat: Viele neue, erfolgreiche Unternehmen funktionieren als lebendiger Organismus. Wenn wir bis anhin die Metapher der Rennmaschine für unsere Unternehmen verwendet haben, sprechen wir neu von Zellen, Seele, Wahrnehmung, Fühlen und Reagieren. Nicht immer nehmen neue Unternehmen den langen Weg über den Neocortex, schnelle Entscheidungen aus dem Bauch- oder Herzhirn sind erwünscht und müssen neu erlernt werden.
Bedeutungsvolle Kollaboration mit offenem Ausgang zu ermöglichen, löst Effizienz als bestimmenden Wettbewerbsvorteil ab.
Die Geister, die ich rief
Effiziente Maschinen sind darauf ausgelegt, präzise Abläufe ohne Abweichung immer schneller und genauer auszuführen. Wir sind extrem gut darin, das Gleiche immer besser zu erledigen. Nur ruft dies zwei Geister hervor:
- Effizienz ist der grösste Feind der Innovation
Neues entsteht über Irrtum, Scheitern, Experimentieren. Äusserst ineffiziente Praktiken. Mit der Fokussierung auf Effizienzgewinn zementieren wir den Status Quo. - Der Mensch ist von Grund auf neugierig
Effizienz gehört den Maschinen. Mit der Effizienz-Obsession gewinnen wir nicht das Herz unserer Mitarbeitenden und unserer Kundinnen und Kunden. Die Folge: 70% aller Mitarbeitenden kümmern sich wenig um die Organisation, unsere Kundinnen und Kunden sind illoyal und wir finden keine frischen Talente.
Ein neuer Fokus: Kollaboration
Wenn wir unser Paradigma von Maschine auf Mensch umdenken, benötigen wir eine neue Basis-Orientierung unseres Tuns. Die Studie von J. Kotter und James Heskett über die Beziehung zwischen Unternehmenskultur und -erfolg umfasst eine Analyse von mehr als 200 Unternehmen. Sie zeigt, dass Strategien und Praktiken, die sich stetig an das Marktumfeld anpassen, sowie kollaborative Fertigkeiten nötig sind, um langfristige Profitabilität zu sichern.
Eine sichere und anpassungsfähige Kollaboration stellt darin das wesentliche Element erfolgreicher Organisationen dar. Es kommt im Wesen nicht darauf an, wie wir etwas schneller erledigen und auch nicht darauf, wie wir das Richtige, das Effektive in Strategien giessen, sondern wie wir auf neue Anforderungen reagieren und uns jederzeit mühelos neu ausrichten.
Das Wesen guter Kollaboration
Kollaboration kann als «umfassender Einsatz, ausgeübt durch engagierte Menschen, die ein gemeinsames Ziel teilen», definiert werden. Gute Kollaboration mit hoher Performance ist zutiefst menschlich, wir müssen sie nur zulassen. Wir sind von Geburt an neugierig, kreativ, forschend, wir benötigen Interaktionen, Wärme und Räume zur Entwicklung. Wir sehnen uns danach, zu einem Stamm zu gehören, Teil von etwas Grösserem zu sein. In seinem RSAnimate-Video mit mehr als 16 Mio. Views erzählt Dan Pink, was Menschen motiviert: Autonomy, Mastery und Purpose.
Gute Kollaboration benötigt also Freiräume für autonomes Arbeiten, die Möglichkeit, mich selber weiterzuentwickeln und wirklich richtig gut zu werden in dem, was ich tue, und mit meiner Arbeit Sinn zu stiften. Radical Collaboration ist z.B. ein Ansatz, wie wir Zusammenarbeit neu begründen.
Der neue KPI: Vertrauen
Wenn wir das Potenzial aller Mitarbeiter in unserer Zusammenarbeit einbringen wollen, müssen sich alle «getrauen», einen Beitrag zu teilen. Wir benötigen sichere Räume, Safe Spaces, in denen wir uns gegenseitig unsere verrücktesten Ideen «anvertrauen», ohne Gefahr, ausgelacht, nicht gehört oder für Irrwitz bestraft zu werden.
Das Schmiermittel guter Zusammenarbeit heisst Vertrauen.
Safe Spaces entstehen, wenn wir uns aufeinander verlassen können. Wenn wir gemeinsame Prinzipien und Werte teilen und verteidigen. Konsistenz in der Kommunikation, eine achtsame Feedback-Kultur und eine Betrachtung von jeglichen Beiträgen als Geschenke zum Lernen sind die Grundlage vertrauensvoller Corporate Cultures. Und nur über Vertrauen gehen wir als Mitarbeiter das Wagnis ständiger Anpassung mit der Möglichkeit des Scheiterns ein.
Wenn wir also wissen wollen, ob wir bereit sind für das neue Paradigma einer lebendigen, lernenden, neugierigen und wandelbaren Organisation, müssen wir Vertrauen «spüren». Verlassen Sie sich dabei auf Gespräche, bauen Sie ein Gefühl auf, schauen Sie genau hin, beobachten Sie die Kommunikation und die Reaktionen, fordern Sie ständig Feedback ein, geben Sie jedem Raum. Leader schaffen sichere Räume für alle und halten diese Räume gegen Widerstände.
Konsistenz und Wertorientierung
Agile Werte wie Fokus, Commitment, Mut, Offenheit und Respekt sind eine gute Basis für Vertrauen, wenn diese ständig vorgelebt werden. Simon Sinek vergleicht den Vertrauensaufbau mit der Frage nach «Do you love your wife?!».
Vertrauen wie Liebe entstehen nicht in einem Moment, sondern durch konsistentes Verhalten über die Zeit. Wie Baki Ung in ihrem Blog über die Digicomp Kultur schreibt: «Vertrauen ist Porzellan: langwierig in der Herstellung, schön anzuschauen, gut anzufühlen, schnell zerstört, mühsam wieder zusammengeklebt und nie mehr so, wie es mal war.»
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