«Erfolgsfaktor Mensch – Sinngebung in der digitalen Welt»

Vieles agilisiert, changed und transformiert sich digital. Die Probleme in der Arbeitswelt bleiben aber immer noch die Gleichen und werden nicht weniger. Stefan Dudas, Business-Experte für Sinngebung, schaut etwas genauer hin.

Autor/in Stefan Dudas
Datum 18.06.2018
Lesezeit 9 Minuten

Digitale Transformation, disruptive Technologien, Industrie 4.0, Change und Agilität sind Schlagworte, um die sich die Businesswelt im Moment dreht. Dank der sich schnell entwickelnden Technik muss sich die «Ressource» Mensch verändern. Wenn sich vieles um uns herum agilisiert, changed und digital transformiert, die Probleme in der Arbeitswelt aber immer noch die Gleichen bleiben und nicht weniger werden, lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich durch Stefan Dudas auf Linkedin veröffentlicht.

Riskieren wir doch einen ehrlichen Blick auf unser Arbeitsleben: Wir sind produktiver geworden. Erreichbarer und schneller. Sind wir auch glücklicher oder zumindest zufriedener geworden? Ganz klar: Nein. Dies belegen jährlich durchgeführte Studien z.B. von Gallup. Sie können am Montag-Morgen aber einfach auch in die Gesichter der Menschen im Bus oder in der Bahn schauen. Da erübrigt sich jede zusätzliche Studien-Konsultation über die Mitarbeiter-Motivation. Zudem sind Burn-out, Depression und negativer Stress in unserer modernen Arbeitswelt weiterhin auf dem Vormarsch. In Japan gibt es sogar ein eigenes Wort für den Tod durch Überarbeitung – «Karoshi». Sind wir noch zu retten? Da entwickeln wir uns weiter – vor allem auf technischer Ebene und vergessen anscheinend das Wesentlichste dabei: Den Menschen. Oder haben wir einfach nur das Ziel aus den Augen verloren? Was ist das Ziel in der Arbeitswelt? Ist es das Ziel, uns diese Zeit, in der wir arbeiten so spannend, kreativ und sinnstiftend wie möglich zu gestalten? Oder geht es doch nur um Umsatz, Wachstum und Rendite? Der Haken an der Sache ist, wenn die Menschen im Unternehmen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sind sie motivierter und engagieren sich weit mehr, was sich natürlich auch meist klar im Umsatz, im Wachstum und in der Rendite niederschlägt. Aber das klingt ja zu schön, um wahr zu sein. Also machen wir weiter wie bisher. Vielleicht bauen wir ein paar coole und angesagte Technik-Gadgets dazu, aber grundsätzlich machen wir weiter wie bisher.

Als ob dieser Umstand nicht schon genug tragisch wäre, blenden wir im Unternehmen oft die Führungsbereiche aus, die nie wirklich funktioniert haben. Wir machen es weiter so, wie wir es einmal – vor Jahren in teuren Managementkursen – gelernt haben und beruhigen unser Gewissen mit dem Umstand, dass es ja «alle» so machen. Damit haben wir uns in einen coolen Management-Denkmuster-Filz eingelullt, so dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken wollen, wie es anders sein könnte. «Anders? Wie denn auch. So einfach ist das nicht. Das haben wir noch nie so gemacht.»

Denken alle so? Nein, natürlich nicht. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken über die Zukunft und über das Leben und die Arbeit. Beides ist untrennbar miteinander verknüpft. Und in beiden Bereichen verändert die digitale Welt sehr viel.

Warum sich alles verändert

Schaut man auf unser Arbeitsleben, könnte man glauben, dass sich einfach «nur» die Technik durch die Automatisierung und die Digitalisierung verändert. Dass die Hauptanforderung sei, mit diesen dauernden Veränderungen umzugehen. Doch das ist ein fataler Irrtum.


Die Hauptanforderung der heutigen Zeit ist es nicht, die sich sehr schnell verändernde Technik zu beherrschen, sondern trotz dieser sich sehr schnell verändernden Technik, sich selber im Fokus zu behalten.


Das klingt vielleicht im ersten Moment wie eine Banalität, ist aber eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe. Denn wenn die nicht mehr gegeben ist, ist die Chance gross, dass man in einem Burn-out endet oder nach Jahren «aufwacht» und unzufrieden auf das bisher Erreichte schaut.

Was aber ist der entscheidende Grund, dass man sich in den Unternehmen verstärkt über das (Arbeits-)Leben Gedanken macht? Dazu gibt es zwei einfache Fakten: Erstens wird jemand, der seine Arbeit liebt oder zumindest mag, wesentlich bessere Arbeit abliefern und sich mehr einsetzen. Und zweitens, spricht sich die Stimmung in diesem Unternehmen herum. Früher konnte man sich am Stammtisch über das Unternehmen, die schwierige Situation, die Kunden oder die mangelnde Führungsqualitäten der Chefs auslassen. Heute erreicht diese «Mund zu Mund-Propaganda» eine neue Dimension: Bewertungsportale wie «kununu.com» werden immer bekannter und schon ein einziger sehr negativer Kommentar in der Google-Suche, kostet das Unternehmen wertvolle Aufträge. Alles wird also massiv transparenter – Digitalisierung sei dank. Es hilft also nicht mehr, in einer Hochglanzbroschüre über die Nachhaltigkeit, den perfekten Umgang mit Ressourcen, Mitarbeitern und Kunden zu schreiben. Man muss es tun. Jeden Tag. Ansonsten findet man die Lüge im Netz. Diesen Umstand erkennen immer mehr Unternehmer und überdenken damit die Art, wie sie führen.

Es geht nicht um die Technik. Es geht um den Menschen.

Ich glaube folgenden Umstand haben schon alle bemerkt, die schon ein paar Jahre im Arbeitsleben stehen: Wir können Prozessmanagement einführen, neue Projektorganisationsformen wie SCRUM implementieren oder auch nur die Büroräume von Einzel- in Grossraumbüros verändern. Wenn die Menschen dabei aber den Sinn nicht einsehen, nicht wissen, warum sie sich verändern sollen, wird das Projekt mit grosser Wahrscheinlichkeit gegen die Wand gefahren. Es geht also um den Menschen. Es geht darum, zu verstehen, wie wir Menschen ticken, was wir wollen und was uns wirklich wichtig ist. Das alleine ist schon eine schwere Aufgabe. Es geht aber noch weiter: Es geht nämlich darum, nicht nur zu verstehen sondern auch zu analysieren und zu hinterfragen, warum uns gewisse Dinge heute wichtig sind. Es geht um die Veränderung von Denkmustern, die uns schon ein Leben lang begleiten.

Ein Beispiel:

Wir definieren uns heute meist über unseren Beruf und die Stellung. Wenn wir wissen wollen, wer jemand ist, hören wir meist zuerst den Beruf, die Position und die Anzahl Mitarbeiter, die man führt. Das bedeutet, wir definieren uns und unser Selbstwertgefühl über unseren Job. Dass jetzt (laut Gallup-Studie) 70 Prozent der Menschen von ihrem Job nicht begeistert sind und «Dienst nach Vorschrift» machen, zeigt, wie viel Wert wir uns eigentlich wirklich sind. Denn welcher Mensch, der sich selber viel Wert ist, würde tagtäglich acht bis 12 Stunden etwas tun, was ihm keinen wirklichen Spass macht und ihn befriedigt? Schliesslich «vergeudet» man so 5/7 seines Lebens (Montag bis Freitag). Unbezahlbar.

Jetzt sei doch mal etwas motiviert

Wir haben Jahrzehnte lang versucht Mitarbeiter zu «motivieren». Haben sie zu Motivationstrainern geschickt, die sie über glühende Kohlen getrieben und zu lauter Musik «Tschakka – alles ist möglich» haben schreien lassen. Meist (oder fast immer) ohne langanhaltende Erfolge.

Die Antwort scheint einfach: In dem wir die Grund-Bedürfnisse der Menschen erfüllen. Geld ist ein Faktor – aber (man staune) nicht der Wichtigste: Menschen möchten Sinn erleben, in dem was sie täglich tun. Menschen möchten «nützlich» sein und dafür wertgeschätzt werden.

Die Digitalisierung spitzt diesen Umstand noch weiter zu. Wo wir früher kreativ und selbstbestimmt arbeiten konnten, übernehmen jetzt Algorithmen und Prozesse die Führung.

Zeit umzudenken? Schon lange. Doch es reicht nicht, «so cool wie Google» sein zu wollen und sich einen Tischtennis-Tisch oder einer Rutschbahn ins Unternehmen zu holen. Es braucht tiefgreifende Verhaltensänderungen, wie wir über Arbeit, über Menschen und uns selber denken. Technik sei dank. Changen wir uns also zu agilen Menschen in eine New Work – oder besser in eine New Life.

erfolgsfaktor mensch

Stefan Dudas ist Business-Experte für Sinngebung. Der Keynote-Speaker, Coach und Autor legt humorvoll und tiefsinnig das Fundament für neue Denk-Ansätze.

Im Dezember 2017 ist sein neues Buch «VOLL SINN – Nur was Sinn macht, kann uns erfüllen» erschienen. Weitere Infos: www.stefandudas.com

An der GENNEX zeigte er am 7.9.18 für Digicomp an einer Master Class zum Thema “Erfolgfaktor Mensch” konkrete Ideen, was Sinn für das eigene Unternehmen bedeutet und wie Sinn erlebbar gemacht werden kann.


Autor/in

Stefan Dudas

Stefan Dudas ist Redner, Coach, Autor und Dozent. Als selbstständiger Webmarketing-Berater unterstützt er Klein- und Mittelbetriebe mit wirksamen Online-Marketing-Strategien. Zudem ist er als Redner mit seinem Thema «sinnbasiertes Management» in deutschsprachigen Unternehmen unterwegs, hält Impulsvorträge und führt Seminare und Coachings durch. Stefan Dudas ist auch Dozent an verschiedenen Schweizer Bildungsinstituten, unter anderem bei Digicomp.