Wieso manche Leute ITIL® hassen und weshalb dies Unsinn ist
ITIL hat nicht den besten Ruf, oft zu Unrecht. Viele Probleme entstehen durch falsche Anwendung, nicht durch das Framework selbst. Dieser Beitrag zeigt, wie ITIL als Werkzeug für modernes Service Management funktioniert, praxisnah, menschenorientiert und mit klarem Fokus auf Businessziele statt Bürokratie.
Es gibt Blogger & Autoren, die ITIL® nichts Positives abgewinnen können. Ich bin der Meinung, dass negative Erfahrungen mit ITIL® nichts mit dem Framework an sich zu tun haben, sondern mit dessen falscher Anwendung.
ITIL® ist immer mal wieder ein Thema in der Tech-Community. Viele populäre Tech-Blogger beschäftigen sich mit Service Management, IT Governance und IT-Management-Themen. Darunter sind sehr kompetente wie Rob England, ITIL®-erweiternde wie Paul Huppertz und halt auch ein paar «Polteri» wie Greg Ferro, der mit seinem Ende August veröffentlichten Artikel «Why I hate ITIL® so much» für Furore in der Service Management Community gesorgt hat.
Seine These: ITIL®-IT-Organisationen verwandeln sich in kafkaeske Bürokratie-Höllen, in denen niemand mehr glücklich sein kann.
Ich hatte selber schon meinen Moment des Zweifels an der Sinnhaftigkeit von rigiden Prozessregeln: Mitte der 00er-Jahre sind wir zu Dritt für eine Software-Installation nach Montreal zu einer Grossbank geflogen. Der Kunde hatte vergessen, den dafür benötigten Request for Change rechtzeitig einzustellen und die IT-Abteilung stellte sich auf den Standpunkt: «Server-Installationen dauern zwei Wochen und es gibt keine Ausnahmen!» So flogen wir unverrichteter Dinge wieder ab.
Ich hätte damals leicht sagen können, dass eine solches Verhalten nur sture Bürokratie ist, aber ich musste den Entscheid auch bewundern: Die IT-Abteilung der Bank gewichtet den Schutz der Bank gegen das Risiko eines ungeplanten Changes höher als die Verzögerung in unserem Projekt. Im Sinne der Bank war diese Entscheidung richtig.
Dieses Beispiel illustriert die Herausforderungen, die im Umgang mit ITIL® adressiert werden müssen:
- Business View vs. Techie-View: Oft fehlt dir in der IT das Verständnis dafür, was fürs Business wichtig ist. Gerade im Banking-Umfeld ist die rigide Einhaltung von Gesetzen und Branchenregeln auch in der IT entscheidend – die IT wird sogar zum Enabler einer stetig wachsenden Rechenschafts- und Sorgfaltspflicht.
- ITIL® darf nicht zum Selbstzweck «implementiert» werden – eigentlich gibt es gar keine ITIL®-Implementierungen: ITIL® ist eine Sammlung von Best Practices, die dir erlauben, Business-Probleme in der IT mit bewährten Verfahren zu adressieren.
- Die Anwendung von Best Practices ist kein Technologie-Projekt, sondern Veränderung der Aufbau- und Ablauforganisation in der IT. Du musst es also als «Management of Change»-Projekt verstehen. Die Ausrichtung auf Geschäftserfolge, die konsequente Umsetzung mittels Zielvorgaben (kritische Erfolgsfaktoren, Key Performance Indicators) und die Ausrichtung auf die Mitarbeiter durch Kommunikation von Erfolgen und Schulung der neuen Abläufe sind wichtiger als perfekt automatisierte Prozesse und überambitionierte Richtlinien. Ich habe in meinen Service-Management-Projekten immer Wert darauf gelegt, dass die Umsetzung ausgewogen ist (z.B.: Schulung von Prozessen und Tools zusammen) und dass es Spass macht. Das kannst du durch den Einsatz von Wettbewerben, Give-Aways, Social Media oder sozialen Anlässen erreichen.
- Die Anwendung der Best Practices muss von Anfang an in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess eingebettet sein, um die Flexibilität zur Anpassung des Service-Management-Systems an neue Bedingungen aufrechtzuerhalten.
Fazit
Der Grund für die geringe Popularität von ITIL® in gewissen Kreisen liegt also nicht am Framework selbst, sondern an dessen falscher Anwendung: ITIL® muss sich an Businesszielen orientieren, du musst die Menschen in den notwendigen Veränderungsprozess einbeziehen, Erfolge musst du rasch und breit kommunizieren und letztlich musst du dir auch genug Flexibilität für stetige Anpassung erhalten.
Es muss auch klar festgehalten werden, dass neue Strömungen in der IT wie die «bimodale IT», Cloud oder «DevOps» ITIL® nicht obsolet machen, sondern eine Neuinterpretation der Konzepte verlangen. Auf diese Entwicklung hat Axelos bereits reagiert. Das Whitepaper «Service Integration and Management» sowie der neue Kurs «ITIL® Practitioner» positionieren ITIL® in der neuen Welt der Digitalisierung.
Die Digitalisierung immer grösserer Teile der Realwirtschaft stellt eine neue, riesige Herausforderung für traditionelle IT-Organisationen dar. Service Management wird ein Schlüsselfaktor in der Bewältigung dieser Herausforderung sein – mehr dazu im nächsten Blog..