Jahresgespräche sind oft ein lästiges Ritual. Wie bieten sie Mitarbeitenden und Vorgesetzten die Chance, sich gemeinsam weiterzuentwickeln? Antonella Mussoi, Inhaberin der HR-Consultingfirma Allevia und Dr. Gabriel Wiskemann, HR Direktor der SAP Schweiz, haben die Antworten.
Sie stehen turnusmässig an, werden von manchen gefürchtet, von anderen als lästige Pflicht angesehen. Dabei bieten Jahresgespräche sowohl für Vorgesetzte als auch für Mitarbeitende grosses Potenzial. Mit der richtigen Herangehensweise können sich Mitarbeitende besser weiterentwickeln – und mit ihnen das ganze Unternehmen.
Vorgesetzte sollten sich regelmässig Zeit nehmen, um mit ihren Mitarbeitenden in Einzelgesprächen über die Arbeitsweise und Ziele zu sprechen. Eine blosse Beurteilung seitens des Vorgesetzten sind deshalb Mitarbeitergespräche am Jahresende nicht. Vielmehr ist wichtig, dass sich beide Seiten aktiv einbringen. Auch sollten Jahresgespräche, anders als der Name verlautet, nicht nur zum Jahresende stattfinden – gerade in sich schnell verändernden Branchen wie der IT.
«Vorgesetzte und Mitarbeitende sollten einen kontinuierlichen Dialog forcieren», empfiehlt Dr. Gabriel Wiskemann, HR Direktor der SAP Schweiz. Die Basis für erfolgreiche Mitarbeitergespräche sind eine gute Vorbereitung sowie die richtige Gesprächsführung vor allem von Seiten der Vorgesetzten.
Damit die Mitarbeitenden nicht nur Zuhörer im Jahresgespräch sind, sondern mit ihren Vorgesetzten in einen Dialog treten, müssen aber auch sie sich auf das Gespräch vorbereiten. «Voraussetzung dafür ist, dass der Mitarbeitende weiss, welche Punkte angesprochen werden und welche Beurteilungskriterien gelten», erklärt Antonella Mussoi, HR-Beraterin und Inhaberin der Allevia GmbH.
Für einen echten Dialog sollten beide Gesprächspartner Feedback geben. «Schön ist es, wenn auch die Mitarbeitenden die Möglichkeiten haben, ihren Vorgesetzten bezüglich Führung und Zusammenarbeit zu beurteilen.», empfiehlt Antonella Mussoi. Denn nur wenn das Jahresgespräch ein wirklicher Austausch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden ist, bringt es beiden Seiten einen Mehrwert: Beide erhalten eine Rückmeldung zu ihrer Arbeitsweise und können diese in Zukunft verbessern.
Ohnehin ist die Blickrichtung der Mitarbeitergespräche nach vorn. Eine Rückschau auf vergangene Aufgaben, besondere Leistungen und Fehlleistungen erfolgt zwar auch. Es gilt aber, daraus neue Aufgaben und Ziele für die Zukunft abzuleiten. Die neu gesteckten Ziele sind dabei möglichst konkret zu formulieren – Mitarbeitenden und Vorgesetzten muss klar sein, was damit gemeint ist und wie die Erreichung der Ziele gemessen wird. Zusätzlich gilt: Beide geben die Ziele gemeinsam aus: «Ziele, die Mitarbeitende mitbestimmen und definieren, werden eher erreicht», weiss Antonella Mussoi aus Erfahrung.
Da die Stossrichtung des Jahresgesprächs in die Zukunft weist, sind Weiterbildungen ein elementarer Bestandteil. Ziel des Mitarbeitergesprächs ist schliesslich die weitere Entwicklung sowohl für die Mitarbeitenden als auch für das Unternehmen. «Gerade in der heutigen volatilen und schnelllebigen Zeit kommen Unternehmen nicht darum herum, ihre Mitarbeitenden zu entwickeln», sagt Antonella Mussoi. Das IT-Umfeld ist hiervon besonders betroffen, denn die Transformationsgeschwindigkeit hat sich in den letzten Jahren stark erhöht. «Die Weiterentwicklung muss einen festen Platz in Mitarbeitergesprächen einnehmen», rät Dr. Gabriel Wiskemann. «Andernfalls riskieren nicht nur die Mitarbeitenden ihr Fortkommen im Job, auch Unternehmen verlieren schnell den Anschluss an den Markt.»
Nur in Jahresgesprächen über Weiterbildung zu reden, ist jedoch nicht zielführend. Es gilt, die Weiterentwicklung auch in der Arbeitsplanung zu priorisieren.
Für einen erfolgreichen Verlauf der Jahresgespräche ist die richtige Gesprächsführung entscheidend. Der Tenor des Mitarbeitergesprächs ist positiv und freundlich, der Fokus liegt auf den Stärken und weniger auf den Schwächen der Mitarbeitenden. Small-Talk zum Einstieg lockert die Situation auf.
Fragen, auf die das Jahresgespräch Antworten liefert, sind zum Beispiel:
Mehr für Fragen für motivierende Mitarbeitergespräche finden Sie hier.
Gemeinsam treffen beide Vereinbarungen und fassen die Ergebnisse des Jahresgesprächs schriftlich zusammen. Wichtig ist auch: Das Mitarbeitergespräch endet mit einem positiven Ausblick, damit beide Seiten motiviert und nicht zerknirscht herausgehen.
In der Regel sind Gehaltserhöhungen oder Boni Bestandteil der Jahresgespräche. Koppeln Unternehmen die Vergütung nicht an die Performance der Mitarbeitenden, ist es ratsam, beide Bereiche gesondert zu besprechen. «Die Vergütung kannibalisiert schnell alle anderen Themen», weiss Dr. Gabriel Wiskemann. Primär sollte aber die Entwicklung des Mitarbeitenden im Fokus der Jahresgespräche stehen.
1 Kommentar
Ich danke für das Festhalten und Aufzeigen dieser Punkte. Sie sind für mich wohl nicht ganz neu; aber es tut gut, dass jemand diese wieder einmal klar kommuniziert. Bravo und alles Gute!