Warum lebenslanges Lernen für die Karriere so wichtig ist
Durch Automatisierung und künstliche Intelligenz erwartet uns ein enormer Skill-Shift. Wir sind mittendrin im Strukturwandel, aber haben wir auch schon realisiert, was das bedeutet? Erfahren Sie in diesem Beitrag, wieso kontinuierliche Weiterbildung und digitale Fitness wichtiger sind denn je.
«Alles was wir jetzt während der Coronakrise über IT gelernt haben, wird in 18 Monaten schon wieder veraltet sein. So ist in etwa die Halbwertszeit von Wissen im IT-Umfeld», sagt Christoph Niewerth einst in einem Interview mit dem Manager Magazin. Und damit ist der Vorstand der Personalberatung Hays noch grosszügig. Viel geläufiger ist heute die Annahme, dass die Halbwertszeit von IT-Wissen ein Jahr beträgt und damit steigt auch der Druck auf Unternehmen , statt auf Anwerbung ausländischer Fachkräfte, in die kontinuierliche Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren.
Und doch fehlt es allerorts noch häufig am Bewusstsein. Aber das sei der wichtigste Schritt dazu, denn Unternehmen wie Mitarbeitende müssten die Bedeutung der Idee des lebenslangen Lernens zuerst begreifen, glaubt Niewerth. Arbeitnehmende sollten sich klar machen, dass sie mit den Kompetenzen, die sie heute haben, nicht durch die ganze Karriere segeln könnten.
Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt begünstigt Hochqualifizierte
Etwas drastischer formuliert es Peter A. Fischer angesichts des Strukturwandels durch Automatisierung und künstliche Intelligenz in der NZZ: «Ob Arbeitnehmer Angst vor Jobverlust haben müssen, wird davon abhängen, inwiefern Bildung und Weiterbildung sie dazu befähigen, sich an die verändernden Rahmenbedingungen anzupassen.»
Denn mit steigender Berufsbildung sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das eigene Tätigkeitsfeld automatisierbar ist. Aber sehen wir uns den Strukturwandel und die die künftig gefragten Kompetenzen etwas genauer an.
Eine Studie von Deloitte schätzt, dass die Hälfte aller heutigen Jobs grundsätzlich automatisierbar ist. Das ist aber in der Schweiz kein Grund pessimistisch in die Zukunft zu blicken. Denn in einem sind sich fast alle Experten einig: Technologie verdrängt die Arbeit grundsätzlich nicht, sie verschiebt aber die Tätigkeitsfelder.
In einer Analyse der Economiesuisse, die den Strukturwandel der Schweiz in den letzten 25 Jahren in den Blick nimmt, konnte beispielsweise festgestellt werden, dass 2016 täglich 1’217 Arbeitsplätze gestrichen und 1’331 geschaffen wurden. Bemerkenswert dabei ist, dass gerade in jenen Branchen besonders viele neue Stellen entstehen, in denen auch besonders viele Stellen wegfallen. So wurden im Gesundheitssektor 20’000 Stellen gestrichen und 30’000 neue geschaffen.
«Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.».
John F. Kennedy Artikel «What makes a leader?», erschienen in der Harvard Business Review (2004)
Future Skills: Was müssen wir für die Zukunft lernen?
Dabei bestätigt sich das Bild der Verlagerung innerhalb wie ausserhalb der Unternehmen. Nicht mehr wettbewerbsfähige Unternehmen machen Platz für neue. Viele Jobs verschwinden, gleichzeitig werden neue Tätigkeitsfelder geschaffen. Medienhäuser beschäftigen beispielsweise schon längst keine Sekretärinnen mehr, die Texte abtippen, dafür haben neben Journalisten Datenanalytiker und Videospezialisten ihre Schreibtische bezogen.
In einem Diskussionspapier von 2018 hat das McKinsey Global Institute aufgezeigt, wie Automatisierung und künstliche Intelligenz die Nachfrage nach Mitarbeiterkompetenzen verändern wird und gibt uns damit eine erste Antwort auf Frage, was wir lernen und wissen müssen, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.
Zunehmend
Der Bedarf an technologischen Fähigkeiten wird mit 55 Prozent am stärksten wachsen, dabei werden sowohl mehr grundlegende digitale Fertigkeiten als auch fortgeschrittene technologische Kompetenzen nachgefragt werden. Bis 2030 sollen Sie 17 Prozent der geleisteten Arbeit ausmachen.
- Auch der Bedarf an sozialen und emotionalen Fähigkeiten, wie Führung und Management anderer Mitarbeiter wird um 24 Prozent auf 22 Prozent der geleisteten Arbeit steigen. Die Nachfrage nach höheren kognitiven Fähigkeiten wird insgesamt moderat zunehmen, wobei bestimmte Kompetenzen, insbesondere die Kreativität einen rasanten Aufstieg erleben.
Abnehmend
- Dagegen wird der Bedarf an grundlegenden kognitiven Fähigkeiten, wie Dateneingabe und -verarbeitung, um 15 Prozent zurückgehen und von 18 Prozent auf 14 Prozent der geleisteten Arbeitsstunden sinken.
- Auch die Nachfrage nach körperlichen und manuellen Fertigkeiten ist rückgängig, wird aber bis 2030 in vielen Ländern mit einem Anteil von 25 Prozent die grösste Kategorie von Arbeitnehmerqualifikationen bleiben.
Schlüsselrolle des lebenslangen Lernens
Vor dem Hintergrund der durch Automatisierung und künstlicher Intelligenz erwartenden Kompetenzverschiebung, kommt das Diskussionspapier deshalb zu dem Schluss, dass Unternehmen, die den Wandel meistern und wettbewerbsfähig bleiben wollen, in das kontinuierliche Lernen der Mitarbeitenden investieren müssen.
Für Arbeitnehmer heisst das: Der Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte wird zunehmen, während sich die Verdrängung vor allem auf gering qualifizierte Arbeitskräfte konzentrieren wird. Laut McKinsey gibt die grosse Mehrzahl der Unternehmen an, dass sie am ehesten hochqualifizierte Arbeitskräfte einstellen und umschulen werden und diese auch von höheren Gehältern profitieren können.
Weiterbildung und lebenslangem Lernen kommt deshalb in Zukunft eine Schlüsselrolle zu. Doch diese hat natürlich erstmal ihren Preis. Sowohl für jeden Einzelnen, als auch für die Unternehmen. Denn wer wettbewerbsfähig bleiben will, muss in die ständige Weiterbildung investieren. Oder wie es einst John F. Kennedy formuliert hat: «Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung.»