Umgang mit sensiblen Personaldaten im Unternehmen
Was passiert, wenn vertrauliche Bewerbungsnotizen plötzlich für alle sichtbar sind? Dieser Beitrag zeigt eindrücklich, wie schnell der Schutz von Personaldaten im Arbeitsalltag verletzt werden kann – und welche Folgen das für Betroffene, Führungskräfte und Unternehmen hat.
Dieser Beitrag liest sich aus Sicht eines Mitarbeitenden. du kannst ihn genauso aus der Position eines HR-Mitarbeitenden oder als Chefin oder Chef lesen – frag dich selbst: Wie gehst du mit Mitarbeiterakten um?
Ein Traum geht in Erfüllung
Du hast dich erfolgreich bei einem neuen Arbeitgeber beworben und hast heute deinen ersten Arbeitstag. Den ersten Kaffee mit deiner Chefin oder deinem Chef hast du bereits getrunken und ein erstes Projekt erhalten. Gespannt und voller Elan machst du dich an deinen ersten Auftrag: Deine Chefin oder dein Chef hat dich gebeten, seinen Kalender auf Projektnotizen zu deinem Auftrag zu durchsuchen.
Also fängst du an, den Kalender deiner Chefin oder deines Chefs auf die benötigten Projektnotizen zu durchforsten. Da der Kalender deiner Vorgesetzten oder deines Vorgesetzten für alle Mitarbeitenden öffentlich ist und sämtliche Einträge inklusive Notizen frei zugänglich sind, dürfte es leicht sein, innert Kürze die gewünschten Informationen aufzufinden. Du findest keinen Eintrag zum Projekt, jedoch einige Einträge zu deiner Person …
Ein schlechter Start
Aus dem Kalender deiner Chefin oder deines Chefs kannst du deinen ganzen Bewerbungsprozess ablesen. In einem spezifischen Eintrag sind sogar deine gesamten Bewerbungsunterlagen in den Kalender gezogen und mit persönlichen Notizen ergänzt worden.
Eigentlich dachtest du, dass nur du und die neue Chefin oder der neue Chef wüsstet, dass du die Informatikausbildung erst beim zweiten Anlauf bestanden hast, vor deiner Anstellung ein halbes Jahr stellenlos warst und in deiner Jugend einmal gekifft hast und dafür bestraft wurdest.
Da hast du dich geirrt, denn bereits bevor du einen Fuss in das Unternehmen gesetzt hast, wussten schon all deine neuen Kolleginnen und Kollegen über deine persönlichen Erfolge und Misserfolge Bescheid.
Du fühlst dich blossgestellt und verstehst jetzt auch, warum zwei Kollegen bereits einen Witz darüber gemacht haben, dass du vielleicht mit der Projektabwicklung überfordert sein könntest.
Obwohl du ein halbes Jahr stellenlos warst, möchtest du gerade nichts lieber, als wieder aus diesem Büro verschwinden. Dein neues Projekt findest du jetzt auch nicht mehr interessant, da du das Gefühl hast, schon vor deiner ersten Arbeitsleistung degradiert zu sein und nicht reüssieren zu können.
Wann habe ich ein Recht auf Datenschutz? Sind meine Personaldaten geschützt?
Fragst du dich, ob deine Chefin oder dein Chef korrekt vorgegangen ist? Gilt das Datenschutzgesetz eigentlich nur gegenüber Kunden und für Kundendaten oder sind deine Personaldaten auch geschützt?
Die Antwort: Es fallen sämtliche Personendaten, insbesondere auch Personaldaten, unter das Datenschutzgesetz. Die Daten über Strafen – also beispielsweise dein Kiffen in der Jugendzeit – gelten sogar als «besonders schützenswert». Das heisst, mit diesen Daten muss noch vorsichtiger umgegangen werden als etwa mit deinem Bewerbungsschreiben. Aber weder allfällige Straftaten noch ein Bewerbungsschreiben dürfen intern veröffentlicht werden.
Entweder weiss deine Chefin oder dein Chef das nicht, will die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen oder ist nicht genügend für den Schutz von Personaldaten sensibilisiert.
Ein vorzeitiges Ende
Schon in den ersten Tagen wird dir klar, dass du bei diesem Unternehmen keine Zukunft hast. Dauernd machen deine Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen Witze übers Kiffen und über Prüfungen, die ja nicht immer leicht zu bestehen seien. Dass du vor zwei Jahren den Jungunternehmerpreis gewonnen und eine eigene Software entwickelt hast, wird nicht beachtet. Nach etwa zwei Wochen meldet sich ein interessierter Arbeitgeber, der ein begeisterter Nutzer deiner Software ist, bei dir und offeriert dir einen Job, wenn du innert zwei Wochen zur Verfügung stehst.
Deine Entscheidung ist klar. Du machst von deinem 7-tägigen Kündigungsrecht in der Probezeit Gebrauch und verlässt diesen Arbeitgeber. Dein Talent und dein Wissen nimmst du mit.
Wie sollte Ihr Chef sich verhalten?
Deine Chefin oder dein Chef sollte den Schutz der Personaldaten ernst nehmen. Bewerbungsunterlagen, Mitarbeitergespräche und Notizen müssen geheim bleiben!
Der Schutz von Personaldaten ist ein externes und ein internes Thema;
weder dürfen Daten für Externe einsehbar sein noch anderen Mitarbeitenden zur Kenntnis gebracht werden.
Eine fehlende Beachtung des Schutzes der Personaldaten bedeutet vielfach nicht nur juristische, sondern auch personalpolitische, unternehmenskulturelle und finanzielle Konsequenzen.
Tipp: Deine Chefin oder dein Chef sollte den Bewerbungsprozess auf die Datenschutzkonformität überprüfen. So schützt sie oder er ihre oder seine Mitarbeitenden und stärkt die interne und externe Glaubwürdigkeit!

