Exchange 2013 bietet sehr gute Möglichkeiten, die Archivierung von Mails zu verwalten. Markus Hengstler zeigt in diesem Artikel die Möglichkeiten von In-Place Archiving in Microsoft Exchange 2013 auf und stellt diese Lösungen von Drittanbietern gegenüber.
Neben Anti-Malware-Schutz und Disaster Recovery ist Archivierung eines der häufigsten Szenarien, in denen 3rd-Party-Produkte im Zusammenhang mit Exchange eingesetzt werden. Für mich als Verfechter einer möglichst simplen und damit weniger fehleranfälligen Umgebung ist es wichtig, möglichst alle Funktionen mit Bordmitteln umzusetzen. Deshalb werde ich in diesem Artikel die Möglichkeiten von In-Place Archiving in Microsoft Exchange 2013 aufzeigen.
Folgende Antworten erhalte ich oft, wenn ich nach den Gründen für Archivierungslösungen frage:
Wie schon erwähnt, ist Archivierung kein Ersatz für Journaling, wenn rechtliche Aspekte relevant sind, da wichtige Informationen fehlen. Ein Beispiel: Ich leite als Testuser1 ein Mail weiter an eine Distribution-List «All Testusers». Wenn ich das archivierte Mail anschaue, das Testuser4 ursprünglich bekommen hat, sehe ich nur, dass der ursprüngliche Empfänger die DL war, aber nicht, wer zu jenem Zeitpunkt Mitglied der Gruppe war:
In einem Journaling Report hingegen sind die DL und die expandierten Mitglieder zum Zeitpunkt des Versands ersichtlich:
Somit ist es enorm wichtig, vor der Wahl einer Lösung die effektiven Anforderungen zu kennen.
In der Einleitung habe ich ja meine Präferenz schon erwähnt. Hier sind noch ein paar Argumente der Hersteller von Archivierungsprodukten und die Entgegnung dazu:
Schauen wir uns noch ein paar Nachteile einer 3rd-Party-Lösung an:
Ich denke, Archivierung mit PST-Dateien gehört in dieselbe Kategorie wie die Verwendung von Windows Network Loadbalancing: Beides kann man machen und es ist von Microsoft bis zu einem gewissen Grad unterstützt, aber eigentlich sollten die Finger davon gelassen werden. Die Nachteile:
Die Verwendung von In-Place Archiving erfordert zusätzlich zu den Standardlizenzen den Kauf von Enterprise-Client-Access-Lizenzen. Nur Outlook Stand-alone respektive Professional Plus und höher können auf die Archiv-Mailbox zugreifen.
Im Grossen und Ganzen ist das In-Place Archiv nur eine zusätzliche Mailbox, die dem Benutzer zugeordnet ist und auf der er natürlich Full-Access-Berechtigungen hat. Im Falle von Outlook wird das Archiv automatisch angehängt, ähnlich einer Shared Mailbox. Die Informationen dazu liefert Autodiscover ganz am Ende der XML-Datei:
Alte Objekte können nun manuell per Drag-and-drop ins Archiv verschoben werden oder durch das System über die Retention Policy. Sobald das Archiv für einen Benutzer aktiviert wird, gilt die Default MRM Policy. Es können aber auch weitere abweichende Policies erstellt und zugewiesen werden. Die Policy beinhaltet eine Anzahl Personal Tags, mit denen der Benutzer selbst für Objekte und/oder Ordner eine Ablaufzeit und -aktion festlegen kann, Default Retention Tags, die für alle Objekte gelten, die nicht anderweitig konfiguriert sind, und ein oder mehrere Retention Policy Tags, die Einstellungen für einen bestimmten Standardordner enthalten wie zum Beispiel Inbox oder Deleted Items. Der Managed Folder Assistant sorgt dafür, dass die Objekte in den Mailboxen anhand der Policies auf den Ordnern und der Default Policy getaggt werden und führt nach dem Ablaufdatum auch die Aktionen durch.
Wie so oft lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Wenn die SLA für Primär- und Archiv-Mailboxen unterschiedlich sind, lassen sich bei dedizierten Datenbanken unterschiedliche Anzahl Kopien konfigurieren. Andererseits werden dann die Storage IO ungleichmässig verteilt.
Während die Primär-Mailbox on-premise gehalten wird, kann das Archiv in der O365-Cloud liegen. Allerdings darf das Archiv nur für persönliche Mailboxen verwendet werden – Journaling- oder Transportrules respektive Auto-Forwarding sind nicht erlaubt. Bestimmte Pläne enthalten bereits die nötigen Lizenzen (E3, E4), für andere ist Archiving als Add-on verfügbar.
Retention Policies erfordern eine genaue Analyse der benötigten Funktionen:
Sollen die Benutzer selber Objekte taggen können?
Die maximal empfohlene Anzahl Personal Tags pro Benutzer liegt bei 10 – ansonsten wird es zu unübersichtlich. Ausserdem sollten die Tags mit aussagekräftigen Namen versehen sein.
Existieren Vorgaben für bestimmte Ordner?
Nicht alle Ordner lassen sich mit Retention Policy Tags beeinflussen – Kontakte zum Beispiel nicht. Nur «Delete» steht für diese Art Tags als Aktion zur Verfügung – nicht «Archive».
Soll für alle Objekte eine Aktion ausgeführt werden?
Es können mehrere Default Policy Tags in einer Retention Policy verwendet werden, wenn sich die konfigurierte Aktion unterscheidet.
Default Policy Tags werden von Retention Policy Tags übersteuert, die wiederum von Personal Tags übersteuert werden können. Objekte behalten einen explizit angewendeten Tag, auch wenn sie in einen Ordner mit einem abweichenden Tag verschoben werden. Dies muss beim Design der Retention Policy immer berücksichtigt werden – andernfalls können unerwünschte Ergebnisse auftreten.
Neben der Analyse ist deshalb auch das Testen der Policy enorm wichtig. Insbesondere sollte die Default MRM Policy getestet werden, bevor Archive aktiviert werden, da die Retention Policies sofort aktiv werden und Aktionen aufgrund des ursprünglichen Empfangs- oder Erstellungsdatums ausführen.
Aktivieren des Archivs in im Exchange Admin Center:
Wie erwähnt, gilt sofort die Default MRM Policy für Mailboxen mit aktiviertem Archiv:
Es empfiehlt sich, die Policy durchzusehen und im Bedarfsfall anzupassen:
Damit der Benutzer die Personal Tags in Outlook und Outlook Web App sieht, benötigt er die Berechtigung MyRetentionPolicies, die standardmässig nicht aktiviert ist:
Die Personal Tags in Outlook, nachdem die Berechtigung vergeben wurde:
Elemente, die von einer Retention Policy betroffen sind, zeigen diese und das Ablaufdatum an:
In Outlook 2007 existieren ein paar Einschränkungen gegenüber den neueren Produktversionen:
Die Default MRM Policy verschiebt Objekte, die älter sind als 2 Jahre automatisch ins Archiv. Benutzer und Servicedesk sollten sich dessen bewusst sein, bevor die ersten Mailboxen für Archivierung konfiguriert werden.
Wenn alle Bedürfnisse abgeklärt sind, ist die integrierte Archivierungsfunktion sehr wohl eine Alternative zu Fremdprodukten. Dies gilt insbesondere, wenn das Design der Umgebung möglichst der präferierten Architektur mit günstigem Storage entspricht.
Falls Sie mehr über dieses Design, Archivierung in Exchange oder Retention Policies erfahren möchten, besuchen Sie einen unserer Kurse zu Exchange 2013.
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