SAFe: Was kann und wie funktioniert das Scaled Agile Framework?
Immer mehr, immer öfter: Kundinnen und Kunden verlangen immer komplexere Produkte in kürzeren Konsum-Zyklen. Das stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Das agile Framework SAFe hilft, diese zu lösen – Experte Sebastian Friedsam erklärt wie.
Für die meisten Organisationen stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit von «agile» in ihrem Kontext nicht mehr. Unsere Umwelt sowie die Produkte, die Unternehmen verkaufen, sind inzwischen durch immer weiter steigende Komplexität in kürzer werdenden Konsum-Zyklen geprägt. Das bringt bisherige Handlungsmuster schnell ins Wanken. Denn die Probleme, die Unternehmen heute adressieren und lösen wollen, entspringen einer VUCA Welt.
Isolierte Teams stossen an ihre Grenzen
In diesem Kontext haben Organisationen «Agilität» für sich entdeckt. Meist in Teams, die dann durch die Anwendung von Scrum und/oder Kanban einen Weg gefunden haben, die Wertgenerierung für die Kundschaft in einer unsicheren Umwelt hoch zu halten. Doch Teams funktionieren nur solitär gut, wenn sie eigenverantwortlich für das gelieferte Produkt sein können. Die meisten Produkte und ihre Organisationen sind jedoch selten ein autark handelndes Team. So entstehen Abhängigkeiten, die nicht durch ein isoliertes Team, sondern nur durch das gemeinsame Wirken von mehreren Teams gelöst werden können.
Wie lässt sich dies mit einem Framework adressieren, welches seinen Fokus auf die Funktionsweise eines Teams gelegt hat? Diese Frage haben viele durch die Erstellung eines eigenen Frameworks zu beantworten versucht, darunter auch Dean Leffingwell. Er ist einer der führenden Experten für Software- und Systementwicklung und Mitbegründer von Scaled Agile Inc. Die Organisation hat mit dem Scaled Agile Framework – kurz SAFe – das wohl bekannteste Skalierungsmodell für agile Unternehmen entwickelt.
Was ist SAFe?
SAFe ist agiles Framework für Organisationen, in denen viele Teams unterschiedliche, komplexe Produkte in einem sich ständig wandelnden Umfeld entwickeln. Es baut auf die Grundsätze von Agile auf, indem es das Agile Manifest als Fundament nutzt, und daraus die SAFe Prinzipien ableitet. Es ist sozusagen eine Sammlung aus vielen Agile- und Lean-Methoden und integriert ihre Stärken. So gelingt es Unternehmen, schnell auf Veränderungen zu reagieren, die Kundenwünsche gezielt zu erkennen und die Qualität eines sich ständig anpassenden Produkts zu steigern.
Koordination erfolgt im «Team of Teams»
Die Empfehlung der Arbeitsorganisation in den Teams folgt bekannten Mustern: «Nutzt agile Frameworks, wie Scrum und Kanban».
Zur Koordination mehrerer solcher Teams etabliert SAFe ein «Team of Teams», also einen Zusammenschluss mehrerer Teams zu einem sogenannten Agile Release Train. Dieser Zusammenschluss mehrerer agiler Teams trifft sich dann zu einem Big Room Planning, um die Prioritäten eines jeden Teams zu alignieren und Abhängigkeiten direkt mit denen zu besprechen, die sie betreffen: den Teams.
Diese Abstimmungen folgen «good practices» und ziehen sich dann durch die komplette Organisation, um sicherzugehen, dass die wichtigsten und wertigsten Vorhaben auch möglichst effektiv realisiert werden können.
Die 4 Kernwerte von SAFe
Die Kernwerte – auch Core Values – sind die Grundlage für alle Prinzipien und Praktiken in SAFe. Denn sie definieren die Kultur und das Mindset, die erforderlich sind, um als grosse Organisation mit Erfolg in einem agilen Umfeld zu arbeiten:
- Alignment (Ausrichtung)
Alle Beteiligten und alle Ebenen der Organisation verfolgen ein gemeinsames Ziel. - Transparency (Transparenz)
Durch offene Kommunikation entsteht Vertrauen und es können fundierte Entscheidungen getroffen werden. Relevante Informationen müssen allen Teammitgliedern bereitgestellt werden. - Respect for People (Respekt vor den Menschen)
Die Menschen schaffen den Mehrwert. Durch eine respektvolle Kultur werden Kreativität und Engagement gefördert. - Unrelenting Improvement (unermüdliche Verbesserung)
Kontinuierliche Optimierungen und eine Kultur des Problemlösens führen zu besseren Produkten, zufriedeneren Kundinnen und Kunden und letztlich zu einem höheren Gewinn für das Unternehmen.
Als fünftes Kernelement lässt sich noch «Built-in Quality» (eingebaute Qualität) ergänzen. Sie ist zwar kein Kernwert, aber auch ein zentraler Aspekt. Denn zu jedem Zeitpunkt des Entwicklungsprozesses muss die Qualität der Ergebnisse sichergestellt werden! Jedes Inkrement muss also von Beginn an hohen Standards entsprechen, um Fehler und Zeitverluste aufgrund von Nacharbeiten zu verhindern.
Die 3 Ebenen von SAFe
Um sicherzustellen, dass durch die Feedbackzyklen – bekannt aus Scrum – die Koordination dort passiert, wo Prioritätskonflikte typischerweise in der Vergangenheit Eskalationen hervorgerufen haben, gibt es in SAFe verschiedene Skalierungsebenen. Seit SAFe 5.0 sind es nun drei, statt vier: Die Team- und Programm-Ebene wurden zur Essential-Ebene zusammengefasst.
- Essential-Ebene (Team- und Programm-Ebene): Einzelne agile Team arbeiten selbstorganisiert an der Lieferung von Produktinkrementen. Teams, die gemeinsam an einer Lösung arbeiten, werden durch ein Agile Release Train (ART) koordiniert.
- Large Solution/Value Stream-Ebene: Um umfangreiche Lösungen zu entwickeln, erfolgt eine übergreifende Koordination über mehrere ARTs hinweg.
- Portofilo-Ebene: Die Initiativen werden an den langfristigen Geschäftszielen der Organisation ausgerichtet.
Diese vier Ebenen sollen Eskalationen, die das komplette System innerhalb einer Organisation zum Stocken bringen würden, verhindern.
Die gesamte Dokumentation ist frei verfügbar
Das Thema kann beliebig detailliert beleuchtet werden, was den Rahmen dieses Artikels jedoch sprengen würde. Das Schöne am SAFe-Framework ist, dass alles, was man dazu lesen möchte, offen zur Verfügung steht. Unter www.scaledagileframework.com sieht man das Modell und kann sich durch Klicks innerhalb des Modells durch die Details zu Rollen, Artefakten, Meetings, Gremien usw. navigieren.
Lernen aus Case Studies
Organisationen, die SAFe einsetzen, haben sich vereinzelt auch in Case Studies zu den Effekten geäussert, die sie mit der Einführung von SAFe erzielt haben. Das hat natürlich einen gewissen Marketing-Anstrich, zeigt aber schön auf, wo bereits mit dem Thema Skalierung von Agilität umgegangen wird. Daher lohnt es sich unbedingt, einen Blick in diese Case Studies zu werfen:
- Case Studies
https://www.scaledagileframework.com/case-studies/ - Why SAFe:
https://www.scaledagileframework.com/why-safe/