HERMES 2022 kommt: Was Sie jetzt wissen müssen

Am 1. April 2023 wird HERMES 2022 eingeführt. Was bedeutet das für alle Anwenderinnen und Anwender? Experte Markus Fischer erläutert die wichtigsten Neuerungen der Projektmanagement-Methode.

Autor/in Markus Fischer
Datum 20.02.2023
Lesezeit 8 Minuten

Warum gibt es das HERMES 2022 Update?

Ist HERMES 2022 alter Wein in neuen Schläuchen? Mitnichten. HERMES 2022 wurde grundlegend überarbeitet und trägt der agilen Entwicklung gebührend Rechnung.
Neu bietet HERMES 2022 den Projektverantwortlichen einen einheitlichen Rahmen, in dem sie je nach Anforderung klassische, hybride oder agile Entwicklungsmethoden flexibel integrieren können.
Zudem gewichtet der Methodenstandard Aspekte der Organisation und der Geschäftsorientierung neu deutlich stärker, die IT-Lastigkeit wurde reduziert.

Die Zeit war reif dafür, die letzte Ausgabe erschien vor 10 Jahren. Zwar wurde HERMES laufend aktualisiert und in HERMES 5.1 um agile Vorgehensweisen ergänzt, doch blieben in der Praxis viele Fragen unbeantwortet. HERMES 2022 ist die Antwort auf die Anforderungen der modernen Projektpraxis.

Die wichtigsten Neuerungen in HERMES 2022 auf einen Blick

Um sowohl klassische als auch hybride Projektmanagement-Vorgehensweisen zu ermöglichen, wurde das Konzept der Projektphasen in HERMES 2022 überarbeitet. Eine neue Phase kommt hinzu.

Unabhängig von der gewählten Projektmanagement-Vorgehensweise wird die Lösungsentstehung betrachtet, die nun klassisch, agil oder hybrid angegangen werden kann.

Zudem wurden mit Tailoring und Sizing zwei Werkzeuge ergänzt, die die Anwendung schlanker und flexibler machen.

Holen Sie sich das kompakte HERMES 2022 Update im Webinar mit Markus Fischer. Jetzt Aufzeichnung ansehen:

Das neue Phasenmodell in HERMES 2022 kurz erklärt

Das Phasenmodell bildet das Rückgrat der Methode. Mit dem Update HERMES 2022 gibt es eine Phase mehr, nämlich die Phase «Abschluss».

Wobei diese Phase gar nicht so neu ist, bis zur Ausgabe HERMES 4 kannte die Methode diese Phase bereits. Erst ab der Ausgabe 5 wurde auf die Abschlussphase verzichtet.

Doch warum kehrt sie nun zurück? Kurz gesagt: Um die agile Entstehung von Lösungen zu integrieren. In der Initialisierungsphase wird entschieden, ob die Lösungsentstehung agil, klassisch oder hybrid durchgeführt werden soll.

Im Falle einer agilen oder hybriden Lösungsentstehung entfallen die Phasen «Realisierung» und «Einführung» zugunsten der Phase «Umsetzung». Somit bedarf es wieder einer Phase, um das Projekt unabhängig von der Lösungsentstehung ordnungsgemäss abzuschliessen, eben der Phase «Abschluss».

Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die unterschiedlichen Lösungsentstehungen im Phasenmodell:

HERMES Phasenmodell für die klassische und agile VorgehensweiseAbbildung 1: HERMES Phasenmodell für die klassische und agile Vorgehensweise 

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, spreche ich von der «Lösungsentstehung» und nicht von «Entwicklung». Der Grund dafür ist der Projektlebenszyklus, den HERMES jetzt definiert. Das Projekt besteht aus Projektbeginn, der Lösungsentstehung und dem Projektende, wie in Abbildung 2 dargestellt:

HERMES Produktlebenszyklus und PhasenmodellAbbildung 2: HERMES Produktlebenszyklus und Phasenmodell

Bis jetzt haben wir von agiler, klassischer oder hybrider Lösungsentstehung gesprochen. Diese sind losgelöst vom Projektmanagement und beschreiben lediglich die Lösungsentstehung. Das Projektmanagement selbst kann nämlich nur klassisch oder hybrid angegangen werden, wie Abbildung 3 zeigt:

Klassisches und hybrides Projektmanagement
Abbildung 3: Klassisches und hybrides Projektmanagement

Neue Werkzeuge für vielfältige Projektvorhaben

Um der Vielfalt der Projektvorhaben gerecht zu werden, bietet HERMES auch im Update 2022 Szenarien an, allerdings sind es nun deutlich weniger. Zusätzlich helfen die Werkzeuge Sizing und Tailoring die Komplexität der Projektvorhaben zu reduzieren und noch besser an die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender anzupassen.

Szenarien
Neu wird das entsprechende Szenario jedoch erst in der Initialisierungsphase ausgewählt und gilt nur für die Lösungsentstehung. Im Gegensatz zu HERMES 5.1 gibt es nur noch fünf Szenarien, die alten agilen Szenarien entfallen, da die Agilität neu durch die agile Umsetzung abgedeckt wird.

Die neuen Szenarien sind:

  • Dienstleistung / Produkt Entwicklung
  • Dienstleistung / Produkt Adaption
  • IT-Entwicklung
  • IT-Adaption
  • Organisationsanpassung

Déjà-vu? Wer noch mit HERMES 4 gearbeitet hat, erinnert sich vielleicht noch an die beiden blauen Bücher «IT-Entwicklung» und «IT-Adaption». Dennoch ist es ein sinnvoller Schritt nach vorne (oder zurück), den HERMES hier macht. Diese Standard-Szenarien decken bereits vieles ab, was in der Projektwelt benötigt wird.

Sizing
Wem das nicht reicht, der kann mit dem Online-Tool Sizing die Komplexität des Projektes und den Umfang der Dokumentation reduzieren und so der Grösse und Wertigkeit des Projektes gerecht werden.

Tailoring
Noch nicht genug? Kein Problem, denn es gibt noch das Tailoring. Damit können individuelle Szenarien erstellt oder bestehende Szenarien durch Weglassen oder Hinzufügen von Modulen und / oder Ergebnissen angepasst werden.

HERMES Zertifizierung und Rezertifizierung ab dem 1. April 2023

Bei den Zertifizierungsstufen gibt es keine Änderungen, es bleibt bei «Foundation» und «Advanced». Auch die Gültigkeit des Zertifikats bleibt gleich. Die Umstellung erfolgt jedoch relativ abrupt. Es wird keine zeitliche Überschneidung bei der Verfügbarkeit von HERMES 5.1 und HERMES 2022 Zertifizierungsprüfungen geben:

  • Ab dem 1. April 2023 werden nur noch HERMES 2022 Zertifizierungen und Rezertifizierungen angeboten.
  • Das bedeutet, dass HERMES 5 Zertifikatsinhaber/innen ab diesem Zeitpunkt keine Rezertifizierung mehr erhalten können.
  • Für HERMES-Zertifikate muss der zweistufige Ausbildungsweg «HERMES 2022 Foundation» und «HERMES 2022 Advanced» nochmals komplett durchlaufen werden.

Leider gibt es auch keinen so genannten Bridge-Kurs, der die Zertifizierung für erfahrene HERMES-Anwenderinnen und -Anwender verkürzt. Laut der zuständigen Prüfungsorganisation TÜV Süd ist das HERMES Update so umfangreich und die Überarbeitung so grundlegend, dass eine erneute Prüfung abgelegt werden muss.

Ist ein Vorbereitungskurs empfehlenswert?

Als erfahrene HERMES Anwenderinnen und Anwender fragen Sie sich vielleicht, ob Sie die Prüfung zum HERMES 2022 Zertifikat auch ohne Kurs ablegen können?

Theoretisch ist das natürlich möglich, aber in der Praxis würde ich Ihnen davon abraten. Vor allem, wenn Sie schnell zertifiziert werden wollen. Nicht nur, weil der Prüfungsstoff für HERMES 2022 noch umfangreicher und die Prüfung erwartungsgemäss noch anspruchsvoller wird. Sondern auch, weil das HERMES Referenzhandbuch, das Ihnen kostenlos online zur Verfügung steht, zwar ein vollständiges Regelwerk, aber kein sinnvolles Lehrmittel ist.

Für das Verständnis und die praktische Anwendung der Methode sowie für eine optimale Prüfungsvorbereitung sind weitere Erklärungen, Diskussionen und Übungen unerlässlich. Darüber hinaus profitieren alle Kursteilnehmenden von zusätzlichen Unterlagen, die ihnen helfen, den Lernstoff selbständig zu üben und zu wiederholen.

Gerne begleite ich Sie bei Digicomp dabei. Und wenn Sie Fragen haben, zögern Sie nicht, mich anzusprechen. Im DigiSnack-Webinar am 27. März 2023 gebe ich allen Interessierten in 20 Minuten einen kompakten Überblick über HERMES 2022 und freue mich auf den persönlichen Austausch in der anschliessenden Q&A-Session. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.

Meistern Sie Ihre HERMES 2022 Zertifizierung mit Digicomp

Profitieren Sie von unserem neuen Lernkonzept, das Ihnen Praxis-Inputs von zertifizierten Praktikern bietet und Sie schnell und kompakt auf die Prüfung vorbereitet.

  • 2-tägige interaktive Schulung mit Impulsbeiträgen, Diskussionen und Gruppenübungen
  • 1 Woche Pause zwischen den Kurstagen zur Vertiefung des Gelernten
  • Online-Prüfung nach eigenem Zeitplan 

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Autor/in

Markus Fischer

Markus Fischer ist seit 2002 Inhaber und Geschäftsführer der Fischer-ICT GmbH, die sich im Bereich Projektleitung und Beratung etabliert hat. Die langjährige Erfahrung der Firma im Bundesumfeld bringt daher auch ein grosses Know-how in Bezug auf HERMES mit sich. Er selbst ist seit seiner Studienzeit als Kursleiter an verschiedenen Schulen und Hochschulen tätig.