Priska Burkard: «Das Anderssein der Frauen ist kein Nachteil»
Priska Burkard hat sich als Quereinsteigerin in der Tech-Branche behauptet. Nun unterstützt sie andere Frauen dabei, ebenfalls dort Fuss zu fassen. In unserer neuen Interview-Reihe «Women for Tech» erzählt sie, warum homogene Teams kontraproduktiv sind und welche Klischees sie nicht mehr hören mag.
Priska Burkard arbeitete 15 Jahre lang als IT-Projektmanagerin und Business-Analystin in der Finanzbranche – und war in den meisten Meetings die einzige Frau. Um das zu ändern, baute sie 2016 das Schweizer Chapter der globalen NGO-Community Girls in Tech mit auf und gründete 2018 das Startup Techface.
Priska Burkard, Techface
Die Idee von Techface: Weibliche Talente mit Tech-Unternehmen vernetzen. Priska Burkard und ihr Team schaffen eine Anlaufstelle für Frauen, ermöglichen ihnen durch Programme und Workshops den Einstieg in die IT-Branche und begleiten sie auf diesem Weg auch persönlich.
Auf diese Weise sollen mehr Frauen den Einstieg in die Tech-Branche schaffen, Unternehmen vielfältiger und die Talentlücke in der Branche geschlossen werden.
Frauen sind in der IT-Welt immer noch selten. Wie bist du in dieser Branche gelandet?
Priska Burkard: Ehrlich gesagt, eher zufällig. Ich habe ursprünglich eine Ausbildung zur Medizinlaborantin gemacht, auch kurz in dem Beruf gearbeitet – aber so richtig war das nichts für mich. Mein Vater hat damals in der IT gearbeitet und mir einige IT-Magazine in die Hand gedrückt, in denen über den Quereinstieg in die Branche berichtet wurde. Das hat mein Interesse geweckt und mich zum Quereinstieg motiviert.
Haben Frauen es deiner Meinung nach leichter oder schwerer, in der Tech-Branche Fuss zu fassen?
Einerseits haben Frauen es tatsächlich leichter, weil der Bedarf an weiblichen Talenten so gross ist. Unternehmen müssen und wollen sich diverser aufstellen, weil das auch Vorteile für die Entwicklung ihrer Produkte bringt. Wenn sich also eine Frau bewirbt, ist sie automatisch in der gewünschten Gruppe. Andererseits haben Frauen es aber auch schwerer, weil sie oft mit dem Vorurteil konfrontiert werden, dass sie technisch nicht begabt wären. Frauen präsentieren sich auch anders als Männer und passen deshalb oft nicht in vorgefertigte Raster. Dabei ist das Anderssein der Frauen ja gar kein Nachteil.
Welche Erfahrungen hast du gemacht? Wurdest du von deinen männlichen Kollegen ernst genommen oder musstest du dich erst behaupten?
Zu Beginn habe ich das gar nicht so wahrgenommen, aber rückblickend ist es schon so, dass ich mehr für Anerkennung kämpfen musste als die Männer um mich herum. Auch heute noch werden meine Fähigkeiten oft in Frage gestellt. Einmal zum Beispiel habe ich in einem Meeting – ich war mal wieder die einzige Frau – eine Frage gestellt. Alle Männer haben gelacht. Ich habe meine Frage dann wiederholt: Keiner konnte sie mir beantworten.
Es kursieren viele Klischees über Frauen in der IT. Welches kannst du gar nicht mehr hören?
Dass Frauen nicht mit Zahlen umgehen können, man aber Mathematik verstehen muss, um in der IT Fuss zu fassen. Dabei ist logisches, strukturiertes und analytisches Denken sehr viel wichtiger. Ebenso Kreativität – die weit mehr umfasst, als schöne Bilder malen zu können. Ich wünsche mir, dass diese Vorurteile endlich abgebaut werden!
Arbeitest du lieber mit Frauen oder Männern zusammen?
Ich arbeite mit beiden gerne, am liebsten aber mit gemischten Gruppen. Es ist kontraproduktiv in einem Team zu arbeiten, in dem alle auf einer Ebene sind und sich gut verstehen. Reibungen fördern die Kreativität und steigern die Leistung.
Welchen Rat möchtest du Frauen mit auf den Weg geben, die den Start oder – so wie du – den Quereinstieg in die Tech-Branche wagen?
Seid mutig! Lasst euch nicht von Jobbeschreibungen oder Menschen mit mehr Erfahrung abschrecken – auch die haben mal klein angefangen. Baut ein Netzwerk auf, bei Events oder LinkedIn zum Beispiel, stellt eure Fragen und sucht Hilfe.
Bitte vervollständige den Satz: Wenn mehr Frauen in der Tech-Branche arbeiten würden, dann…
… hätten wir viel mehr Gleichberechtigung und könnten viel mehr Menschen den Zugriff auf finanzielle und persönliche Sicherheit geben.
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