Interaction Design – gestern & heute

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf jene Berufe aus, die schon immer irgendwie digital waren? Ein Interview mit Interaction Designer Joely Tafanalo.

Autor/in Sheila Karvounaki
Datum 25.03.2019
Lesezeit 5 Minuten
Spüren Arbeitskräfte im digitalen Bereich die Veränderungen ebenso wie Mitarbeitende aus anderen, zumindest früher weniger digitalen Bereichen? Wir haben mit Joely Tafanalo, selbstständiger Gestalter HF Kommunikationsdesign/Interactiondesign mit Hintergrund als Typograf und Multimediaproducer, gesprochen. Joely Tafanalo

Joely, wie bist du Interaction Designer geworden?

Während drei Jahren habe ich mich an der Schule für Gestaltung Bern berufsbegleitend zum Gestalter HF Kommunikationsdesign/Interaction Design weitergebildet.

Ob als ehemaliger Typograf oder Multimedia Producer, ich bewegte mich stets gerne an der Schnittstelle von Design und Technologie. So war der Entscheid zum Interaction Design ein logischer nächster Schritt. Einerseits zur Horizonterweiterung, aber auch für die Festigung bereits erworbener Fähigkeiten.

Was ist deine Funktion am aktuellen Arbeitsort?

Als Geschäftsführer einer Einzelfirma im Bereich Kommunikationsdesign sowie Wissenstransfer übe ich verschiedene Funktionen aus. Ich plane und realisiere crossmediale Projekte. Zudem vermittle ich die meisten Designprogramme, die ich im Einsatz habe auch an Schulen (z.B. bei Digicomp) oder direkt in Kreativabteilungen.

Welche Aufgaben erfüllst du in deiner Funktion als Interaction Designer?

In der Regel gehören statische Wireframes, klickbare Prototypen und grafisches Design dazu. Je nach Projekt kommt aber noch die Konzeptionsphase und die saubere Übergabe an die EntwicklerInnen dazu. Die Zusammenarbeit mit den Stakeholdern auf Dienstleister- oder Kundenseite ist ohnehin ein wichtiger Bestandteil.

Als One-Man-Show werde ich tendenziell nicht für alle Disziplinen beigezogen, aber die erworbenen IxD-Skills helfen mir auch in klassischen Projekten.

Wenn ich ausschliesslich IxD machen möchte, müsste ich mich einem kunden- oder agenturseitigen Team anschliessen.

Du bist seit vier Jahren als Interaction Designer tätig, wie hat sich deine Arbeit über die Zeit verändert?

Wenn man so will, beschäftigt mich die Gestaltung von Interaktionen schon über zehn Jahre, man nannte es früher einfach nicht so.

Was sich verändert hat, ist die Fülle an Tools und Funktionen zur Zusammenarbeit und Gestaltung. Firmen verlagern Kompetenzen, die sie früher extern vergaben, zudem vermehrt nach innen. Dazu gesellt sich ein grenzwertiger Anstieg von E-Mail-Kommunikation und Administration, der einen vom Kerngeschäft abhält.

Worauf führst du diese Veränderungen zurück?

Für die meisten genannten Veränderungen ist die Digitalisierung mitverantwortlich. Letztere beschert uns aber auch ungeahnte Möglichkeiten und neue Geschäftsfelder.

Die Demokratisierung der Technologien lässt aber viele die Komplexität der Prozesse im Kommunikationsdesign (Service Design) grob unterschätzen. Zeit- und Kostendruck ist auch ein Faktor für veränderte Arbeitsbedingungen.

«Good old days» oder «bright shining future»?

Kommunikation und Design war schon immer ein dynamisches Umfeld und wird es auch bleiben. Wo man früher definitiv mehr Zeit und Liebe fürs Detail aufwenden konnte, muss es heute vor allem schnell und effizient gehen. Eine Mischung aus früheren Werten und heutigen Konzepten würde ich begrüssen.

Was ist deine Einschätzung: Wie wird sich der Bereich des Interaction Designs künftig weiterentwickeln?

Wenn ich diese Kristallkugel bloss besitzen würde …

Mensch und Technik interagieren bekanntlich mehr denn je. Der Bedarf zur Gestaltung ebendieser Interaktionen bleibt also bestehen. Im Moment kommen Sprach- und Audio-Interfaces sowie Lösungen rund um AR (Augmented Reality) stark auf. Das wird uns noch beschäftigen. Auf Seiten der Softwaretools ist zurzeit ein Verdrängungskampf im Gange, denn so vielfältig wie UX/UI Design ist, so zahlreich sind die Workflows.

Deine Empfehlung an andere Interaction Designer oder an Interaction-Design-Interessierte?

Lesen sie regelmässig relevante Blogs, aber auch mal digitale oder gedruckte Fachbücher.

Aus meiner Sicht eines der besten Fachbücher im deutschsprachigen Raum ist Branded Interactions (Verlag Hermann Schmidt). Es empiehlt sich, entweder gute Vorkenntnisse der gängigen Tools zu haben oder sich solche anzueignen. An Schulen wird dies selten vermittelt. Bei Weiterbildungen lohnt es sich zu vergleichen. Je nach Schule richtet sich der Fokus eher auf das (visuelle) Design, die Technik oder sogar auf psychologische Aspekte. Alles wichtige Ebenen von IxD. Die Berufsbezeichnung Interaction Designer ist nicht geschützt und deshalb nennen sich viele GrafikerInnen mit mehr oder weniger Screendesign-Erfahrung heutzutage so. Hier helfen die diversen MAS-, CAS-, Bachelor- oder HF-Titel sicherlich bei der Marktpositionierung.

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Autor/in

Sheila Karvounaki

Sheila Karvounaki Marti hat Journalismus und Organisationskommunikation studiert und hat sich über die Jahre auf Online-Kommunikation spezialisiert. Sie ist Community Managerin bei Digicomp und berät als Freelancerin verschiedene KMU bei ihren Online-Aktivitäten. Sie war Leiterin Kommunikation & Community Management an der SOMEXCLOUD GmbH und 10 Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, im Bereich der Projektleitung und -organisation sowie in der Forschung tätig.