Drei Grundüberlegungen zu Videoaufnahmen & deren Bearbeitung mit Adobe Premiere Pro
Bei Videoprojekten lohnt es sich, von Beginn an mit einem Plan zu arbeiten. Adobe Premiere Experte Alex Kereszturi gibt uns in diesem Beitrag drei Grundüberlegungen auf den Weg. Kamera läuft!
Haben Sie auch schon einmal die Schul-Theater-Fassung von Dornröschen auf Video festgehalten, weil Ihre Tochter die Hauptrolle gespielt hat? Nein? Ich schon! Waren Sie auch schon mal im Kino? Ja!? Ich auch!
Interessant ist ja: Der Film mit meiner Tochter als Dornröschen sieht etwas anders aus, als der Kinostreifen mit Keira Knightley als Zuckerfee.
Woran das liegt und dass grundsätzlich keinerlei Feenstaub oder Magie nötig ist, um auch ohne Hollywood-Crew einen guten Film zu drehen, soll dieser Blogbeitrag zeigen. Alles, was Sie brauchen, ist Planung und ein bisschen Zeit am PC.
Zum Aufwärmen: Eine kleine Wahrnehmungs-Meditation
Ich lade Sie ein, sich 2 Minuten Zeit zu nehmen, für folgende kleine Übung: Setzen Sie sich aufrecht hin, schauen Sie entspannt geradeaus (nicht in einen Bildschirm) und nehmen Sie einfach einmal wahr, was gerade passiert. Lassen Sie dabei ruhig Ihren Blick schweifen. Beobachten Sie auch das Schweifen Ihres Blicks.
Wenn Sie beschreiben, was und vor allem wie Sie es beobachten, könnte das bei Ihnen in etwa so aussehen, wie bei mir:
- Natur, der Wind rauscht => mein Blick schweift langsam über die Landschaft. Da sind Bäume, Wiesen und weiter hinten Berge. Mein Blick ist weit und nimmt das Ganze im Überblick wahr.
- Etwas raschelt links neben mir => mein Blick springt zur Quelle des Geräusches. Im Gebüsch neben mir ist etwas! Ich fokussiere das Gebüsch.
- Nachbars Katze kommt aus dem Gebüsch und läuft über den Vorplatz => ich drehe meinen Kopf und mein Blick folgt der Katze.
Mit dieser kleinen Vor-Übung sind wir bereit für das grundsätzliche Vorgehen, wenn es um die Erstellung professioneller Videofilme geht.
Drei Überlegungen
Es ist eigentlich wie beim Hausbau: Aus drei einfachen Grundüberlegungen lässt sich das weitere Vorgehen ableiten.
- Überlegung 1: Mit einem Plan erhalte ich bessere Resultate als ohne.
- Überlegung 2: Reserven zu haben, ist eine gute Idee.
- Überlegung 3: Zuerst das Grobe, dann das Feine.
Wie gesagt: Es ist wie bei Hausbau. Wenn Sie einen Bauplan für ihr Haus und Reserven (Finanzen, Bauland, Baumaterial, etc.) zur Verfügung haben und zuerst die Wände bauen und sich erst dann Gedanken um die Inneneinrichtung machen, erhalten Sie bessere Resultate, als wenn Sie einfach so loslegen.
Bei der Schultheater-Aufführung meiner Tochter wurde ich leider erst 5 Minuten vor Beginn gefragt, ob ich – mit meinem Handy – alles filmen könnte. Viel Zeit zum Planen bleibt da nicht. Schnell habe ich noch zwei weitere Personen gefragt, ob sie bitte «einfach draufhalten» könnten.
Meinen Sitzplatz in der vordersten Reihe, den ich aufgrund der Überlegung 2 gegen einen Stehplatz ganz hinten im Mittelgang getauscht habe, bekam eine der freiwilligen Personen. Mehr dazu weiter unten.
Wenigstens hatte ich dann zu Hause genug Zeit, mich mit Adobe Premiere an das Schneiden des Videomaterials zu machen.
Schauen wir die Überlegungen etwas detaillierter an.
Überlegung 1: Mit Plan ist besser als ohne
Es geht schon los, bevor Sie die Kamera zur Hand nehmen!
In vielen Tutorials für Adobe Premiere & Co. geht man davon aus, dass das Filmmaterial – das so genannte «Footage» – bereits vorhanden ist. So z.B. auch unter https://helpx.adobe.com/ch_de/premiere-pro/how-to/easy-video.html. Man braucht dann nur dem Tutorial zu folgen, um super Resultate zu erhalten. Versteht man zwar vielleicht technisch, was da gezeigt wird, sieht dennoch das eigene Ergebnis einfach irgendwie nicht so toll aus.
Der Grund dafür ist ganz einfach: Je besser das Footage, desto besser das Endergebnis!
Deshalb gilt:
Planen Sie Ihre Videoprojekte mit Hilfe eines Storyboards, um bestmögliches Footage zu erhalten!
Machen Sie es wenn nur irgendwie möglich wie die Profis in Hollywood und arbeiten Sie mit einem Storyboard! Nutzen Sie dazu die Erkenntnisse aus der kleinen Meditationsübung oben. Ist Ihr Blick zur Katze gesprungen? Dann brauchen Sie für den Film eine Nahaufnahme der Katze. Ein Storyboard hält diese Ideen fest, damit Sie über eine Art Checkliste verfügen, was Sie alles zu filmen haben und wie Sie es filmen möchten.
Eine sehr gute Einführung ins Storyboarding findet sich hier.
Achtung: Ein Storyboard ist nicht dasselbe, wie ein Drehbuch!
Im Film «Herr der Ringe» z.B. stand im Drehbuch: «Sie rennen die Treppen herunter.». Peter Jackson hat als Regisseur aus diesem Satz in der Extended-Cut-Version rund 7 Minuten Film gemacht. Ohne ein Storyboard wäre das kaum in der Form möglich gewesen.
Wenn ein Drehbuch also sagt, «was» im Film passieren soll, dann gibt das Storyboard nachher vor, «wie genau» es passieren soll.
Den filmischen Leckerbissen gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=7yhLkNdWQEg (ab 1:40 geht’s los)
Welche Elemente die Kamera, aus welchen Blickwinkeln, wie lange aufzunehmen hat, muss für so ein Projekt im Voraus also auf jeden Fall geplant werden. Warum also nicht auch für unsere eigenen Projekte?
Überlegung 2: Wer Reserven hat, ist klar im Vorteil
Beim Hausbau ist es klar, was mit «Reserven» gemeint sein könnte. Was aber ist mit «Reserven» beim Erstellen von Videos gemeint?
Wenn Sie in Adobe Premiere ein neues Projekt starten, ist etwas vom ersten, das Sie definieren sollten, das Endformat Ihres Films. Hier ein Screenshot einer(!) möglichen Voreinstellung in der Elements-Version von Premiere:
Irgendwo steht da «1280×720». Viele Anwender von Adobe Premiere denken, dass es sich hierbei um das endgültige Ausgabe-Format handle. Wenn Sie genau lesen, sehen Sie da «aufgenommen wurden» und nicht etwa «exportiert werden sollen». Schon das sagt uns, dass es sich lohnt, bei der Erstellung von Footage auf folgende zwei Dinge zu achten:
- Einerseits gilt in der digitalen Bild- und Video-Bearbeitung, dass Original-Material gut kleiner gemacht aber nur mit Verlust grösser gemacht werden kann. Deshalb lohnt es sich Originalmaterial – vor allem eingekaufte Bilder und Videos – wenn möglich doppelt so gross zur Verfügung zu haben, als sie nachher als Endprodukt sein soll.
- Andererseits möchte ich auf einen Anfängerfehler beim Erstellen von Footage hinweisen: Viele Amateur-Filmer möchten sich als besonders gute Kameraleute beweisen, indem sie versuchen, genau zur richtigen Zeit den richtigen Ausschnitt zu filmen. Bei Vorträgen oder Schultheater-Aufführungen z.B. zoomen und schwenken Sie dann mit der Kamera hin und her bzw. vor und zurück, dass es einem als Betrachter fast schwindelig wird. Normalerweise – da sie ja oft nicht wissen können, was als nächstes passieren wird – verpassen sie jedoch dadurch die wichtigen und interessanten Geschehnisse. Kleine Paradebeispiel dazu gibt es hier (ab 10:30 bis ca. 10:40).
Tipp: Halten Sie bei spontanen Aufnahmen (z.B. Vorträge, Theater, etc.) einfach so viel – also einen möglichst grossen Bildausschnitt – wie möglich und so ruhig – also ohne Zoomen und Bewegen – wie möglich fest. Den Rest machen Sie am Computer!
Genau aus diesem Grund bin ich bei der Dornröschen-Performance meiner Tochter aus meinem Platz in der ersten Reihe in den Mittelgang ganz nach hinten gestanden und habe von dort aus möglichst «viel» aufgenommen. Meine Hand habe ich dabei abgestützt, um möglich wenig zu wackeln.
Kamerabewegungen und -zooms nachträglich einzubauen ist mit professioneller Software wie Adobe Premiere nämlich ein Kinderspiel. Wenn Sie mir nicht glauben, zeige ich Ihnen das gern in einem Adobe Premiere Kurs! 😉
Überlegung 3: Von grob zu fein
Bei Hausbau das Mobile im Kinderzimmer aufzuhängen, bevor der Keller ausgehoben und betoniert ist, wäre blöd. Beim Erstellen von Videos machen viele Anfänger aber genau diesen Fehler: Sie verlieren sich in Details.
Als Einsteiger und auch als Profi finden Sie auf dieser Website sehr viele Tutorials zu Adobe Premiere Pro, die Ihnen zeigen, wie einzelne Features funktionieren. Das ist ein bisschen so, wie die vielen kleinen Video-Bildschirme im Baumarkt, die einem alles so wunderbar zeigen. Und im Detail sieht das jeweils auch super einfach aus.
Ein komplettes Haus zu bauen, ist aber schon etwas mehr, als ein paar Baumarkt-Tutorials zu folgen.
So ist es auch bei Video-Projekten: Eine der häufigsten Aussagen von Teilnehmenden an Adobe Premiere Kursen in der Vorstellungsrunde ist sinngemäss: «Jetzt habe ich so viel einzelne Dinge ausprobiert, dass ich den Gesamt-Überblick verloren habe! Ich will mal alles von Grund auf sauber lernen!». In genau diese «Kerbe» schlägt meine Überlegung 3.
Wenn Sie z.B. das vorhandene Footage ein erstes Mal sichten, definieren Sie grob, welche Aufnahmen es in die Endrunde schaffen werden. Im «Media Browser» von Adobe Premiere z.B. können Sie (virtuelle) Ordner erstellen und ihr Footage so organisieren. Verlieren Sie sich nicht in der Optimierung der einzelnen Clips! Bleiben Sie beim Groben!
Hängen Sie die einzelnen Videoclips einfach mal aneinander. In der «Zeitleiste» von Adobe Premiere können Sie bequem die Clips auf eigenen Ebenen hin und her ziehen, bis Ihnen die (grobe) Reihenfolge gefällt.
Machen Sie sich erst jetzt Gedanken um den Feinschnitt, also bei welchem der mindestens 24 Bilder pro Sekunde, der Wechsel von einem Clip zu nächsten geschehen soll! Und erst wenn der Feinschnitt passt, kommen die Überblendungen und Effekte!
Tipp: Ton ist das letzte, worum Sie sich Gedanken machen sollten!
Behandeln Sie Audio beim Videoschnitt, wie den Sekt im Glas. Es ist das Letzte, was Sie bei einem Hausbau «hinzufügen» – nämlich bei der Einweihungsparty. Audiospuren lassen sich in Adobe Premiere nämlich von den dazugehörigen Video-Spuren trennen und unabhängig bearbeiten. Sie müssen also den Originalton gar nicht verwenden, wenn Sie nicht wollen.
Glauben Sie mir: Auch im Kinofilm ist nicht alles, was sie hören, das, was sie sehen.
Noch ein Tipp: Bei Dokumentarfilmen oder Nachrichten macht es natürlich Sinn, zuerst einmal den Ton (=den gesprochenen Text) zur Verfügung zu haben und dann das Videomaterial dazu anzupassen.
Fazit
Mit den oben erwähnten drei Grundüberlegungen können Sie sich das Erstellen von Videos von Anfang an schon einmal gut zurecht legen.
Etwas detaillierter formuliert könnten die Hauptschritte beim Erstellen von Videos entsprechend aussehen:
- Planen
- Footage erstellen bzw. sammeln
- Film zusammenstellen / schneiden
- Effekte anwenden und Nachbearbeitungen anbringen
- Ton hinterlegen
- Exportieren
Schauen Sie sich diese Liste noch einmal in Ruhe an und vergleichen Sie sie mit der Herausforderung eines Live-Dornröschen-Schultheater-Videos.
Wie lange haben Sie Zeit zu planen oder müssen Sie ganz spontan die Kamera auf Ihrem Handy nutzen? Wenn Sie keine Zeit oder Möglichkeit zum Planen haben, dann nutzen Sie mehrere Kameras!
Können Sie Footage sammeln, mehrmals aufnehmen und auswählen oder gibt es einfach einen «Schnappschuss» und das war es dann? Auch hier können mehrere gleichzeitig laufende Kameras mit unterschiedlichen Blickwinkeln reicheres Footage liefern!
Können Sie aus dem Material etwas zusammenstellen bzw. zusammenschneiden? Können Sie im Nachhinein digital (=am PC) Details heranzoomen oder eine Kamerabewegung einbauen, um Wichtiges heraus zu heben und die Dynamik des Films zu verbessern? Wenn nicht, dann scheuen Sie sich nicht, eventuell Details nachzustellen, um das Footage zu ergänzen!
Welche sinnvollen Effekte verstärken das, was der Film zeigen will? Nutzen Sie Effekte zu Unterstützung und nicht weil es so viele gibt!
Können Sie den Originalton verwenden oder würde es sich lohnen neu zu vertonen? Denken Sie an unsere Meditation vom Anfang: Auch das Ohr kann selektiv arbeiten!
So…
Haben Sie jetzt auch Lust bekommen, ein Videoprojekt zu starten? Dann legen Sie doch schon mal los! Wenn Sie technische Fragen haben, sehen wir uns in einem Adobe Premiere Kurs. Ich freu mich!
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