Barrierefreie Dokumente mit InDesign
Barrierefreie Dokumente sind zugänglich für alle Menschen – auch für solche mit Sehbehinderungen. Diese erschliessen die Dokumente durch unterstützende Technologien, wie beispielsweise durch Screenreader. In diesem Artikel wirst du durch die wichtigsten Schritte zu einem barrierefreien Dokument in InDesign geführt.
Barrierefreie Dokumente sind zugänglich für alle Menschen – auch für solche mit Sehbehinderungen. Diese erschliessen die Dokumente durch unterstützende Technologien, z.B. durch Screenreader. In diesem Artikel wirst du durch die wichtigsten Schritte zu einem barrierefreien Dokument in InDesign geführt.
Wann ist ein Dokument barrierefrei
Stell dir vor, du sollst mit verbundenen Augen ein PDF-Dokument verstehen. Das ist nur möglich, wenn es dir vorgelesen wird. Da nicht jede Person ihren persönlichen Assistenten zur Verfügung hat, gibt es Software, die das erledigt. Man spricht hier im weitesten Sinne von Screenreadern. Dieses Szenario ist ein Extremfall, aber wenn es um Barrierefreiheit geht, sollte genau dieser Extremfall der Massstab sein. Besagte Software ist weniger schlau als ein menschlicher Assistent und nicht in der Lage, Inhalte der PDF-Dateien zu interpretieren. Das bezieht sich besonders auf die Bedeutung als auch auf die Reihenfolge der Texte sowie auf den Umgang mit Bildern. Ein Screenreader «sieht» nicht, ob ein Text fett oder gross ist und kann dir entsprechend nicht sagen, ob es sich bei einer Wort-Reihenfolge um eine Überschrift handelt. Das Wissen darüber ist aber wichtig, um die Struktur des Textes richtig zu erfassen. Screenreader verstehen allerdings sogenannte Tags. Diese lassen sich in das PDF integrieren und sogar an die benutzten Absatzformate koppeln. Du solltest auch ein Konzept haben, wie du mit Bildern umgehst, die im Extremfall von Lesenden gar nicht gesehen werden, und Links und Verweise so aufbauen, dass du stets weisst, wo die Reise hingeht und am Ende des Links ein erwartbares Ergebnis findest.
◊ Absatzformate und Tags verwenden
Wenn du bereits bei der Erstellung des InDesign-Dokuments korrekt mit Absatzformaten arbeitest, hast du schon die halbe Miete.
Anschliessend musst du nur noch die Überschriftenformate den entsprechenden Tags zuweisen. Damit der Screenreader richtig interpretieren kann, solltest du die Standard-Tags für barrierefreie PDF-Dokumente benutzen, die für Absätze (P) und Überschriften («H1» bis «H6») benutzt werden. Handelt es sich bei einem Text um ein Element, das vom Screenreader ignoriert werden soll, weil es redundante Informationen trägt – wie zum Beispiel die Kopfzeile, weise ihm das Tag «Artifact» zu. Die Tags können nicht verändert werden und entsprechen dem Standard, der in strukturierten PDF-Dokumenten benutzt wird.
◊ Ligaturen verhindern
Zeichen, die Ligaturen darstellen, können von Screenreadern nicht korrekt ausgegeben werden. Schalte sie daher in den Zeichen- und Absatzformaten aus.
◊ Verwendung von korrekten Listen
Damit Listen auch von unterstützenden Technologien wie Screenreadern als solche erkannt und korrekt wiedergegeben werden, musst du die Aufzählungs- und Nummerierungsfunktion von InDesign benutzen. Verzichte auf Glyphen und Tabulatoren, denn diese werden als regulärer Text vorgelesen.
Gut zu wissen: Du kannst in Adobe InDesign in den Absatzformatoptionen für die Option Aufzählungszeichen und Nummerierung Ebenen erzeugen, die so eingestellte Tiefe der Listenebene erzeugt beim Export in ein PDF-Dokument jedoch keine verschachtelte Liste. Beim Export in ein PDF-Dokument erzeugen unterschiedliche Einzüge automatisch verschachtelte Listen.
◊ Tabellen
Erstelle Tabellen nie mit Tabulatoren oder Leerzeichen, sondern nutze z.B. den Menüpunkt «Tabelle« / «Tabelle einfügen». Vermeide umfangreiche und komplexe Datentabellen. Versuche lieber, grosse Tabellen im mehrere kleine Tabellen aufzuteilen.
◊ Leserichtung und Reihenfolge festlegen
Tag-Struktur
Dokumente mit mehr als einer Spalte, mit Texteinschüben oder Marginalien sind für Screenreader schwer zu interpretieren, da die Lesereihenfolge nicht intuitiv ist. Dabei sind Texte und Bilder in Rahmen angelegt. Die Reihenfolge, in der Screenreader auf diese Rahmen zugreifen, ist für das Verständnis des Texts extrem wichtig. Zuständig für die Lesereihenfolge ist die Tag-Struktur, die in diesem Artikel bereits Thema war. Während Überschriften und Fliesstexte erst nach dem Export in Acrobat sichtbar werden, kann man die Reihenfolge der Rahmen schon in In Design kontrollieren. Je nachdem, wie kompliziert das Dokument aufgebaut ist, kann man unterschiedliche Methoden anwenden.
Artikel erstellen
Manche Dokumente bestehen aus sehr vielen Rahmen. Auf Zeitungsseiten z.B. sind häufig Überschriften und Artikeltexte in unterschiedlichen Rahmen angelegt. In diesem Fall bietet es sich an, Artikel zu erstellen, die sich über mehrere Rahmen erstrecken. Die Artikelreihenfolge lässt sich anschliessend im Bedienfeld «Artikel» kontrollieren.
Achtung: Verankerte Objekte lassen sich nicht zu Artikeln hinzufügen. Wenn du die Lesereihenfolge mit Hilfe von Artikeln definieren willst, musst du eventuelle Verankerungen von Bildern lösen.
◊ Umgang mit Bildern
Alternativtexte
Bilder sind bei barrierefreien Dokumenten immer ein kleines Problem und du musst entscheiden, ob der Inhalt des Bildes wichtig ist für das Verständnis des Texts. Selbst wenn es sich nur um ein dekoratives Element handelt, kann es zu Verwirrung bei einer Person mit Sehbehinderung führen, wenn diese zwar erkennt, dass ein Bild im Dokument vorhanden ist, aber keine Information vom Screenreader ausgeliefert wird. Logos, Schmuckelemente kannst du vor diesem Hintergrund getrost als «ausserweltliches Element» taggen, während illustrierende Bilder mit Alternativtexten versehen werden sollten, die beschreiben, was auf dem Bild zu sehen ist. Besonders wichtig ist das natürlich bei Diagrammen und Schaubildern.
Bilder verankern
Damit dein Bild im korrekten textlichen Zusammenhang interpretiert werden kann, musst du es verankern. «Schwebende Bilder» haben nur einen Bezug zum Text, wenn man als Sehende ihre Position im Text erkennen kann.
Gut zu wissen: Das Bild ist verankert, wenn anstelle der Verankerungsmarke ein Anker zu sehen ist. Achtung: Verankerte Bilder lassen sich nicht zu Artikeln hinzufügen.
◊ Verweise
Allgemeine Links
Mit Links kannst du entweder innerhalb eines Dokuments navigieren oder Verknüpfungen zu ausgewählten Websites im Internet herstellen. Achte beim Einsatz von Links darauf, dass der verlinkte Text kurz und aussagekräftig ist. Der Linktext sollte über das Ziel bzw. die Aktion des Links Auskunft geben.
Schlechtes Beispiel:
Klicke hier, um zur Website von Xyz zu gelangen.
Gutes Beispiel:
Gehe zur Website von Xyz.
Tipp: Manchmal landen Links ohne dein Zutun im Dokument (z.B. durch einfaches Kopieren). Überprüfe deshalb vorhandene Links, auch wenn du selbst noch keine angelegt hast.
◊ Inhaltsverzeichnisse
Leider erstellt InDesign nicht automatisch korrekte Tags für Inhaltsverzeichnisse. Erstelle für die Inhaltsverzeichniseinträge also zuerst das Absatzformat TOCI (offizielles Tag für einen Inhaltsverzeichniseintrag). Das ist schon die halbe Miete.
Ungenügend: Leider wird kein Tag für das gesamte Inhaltsverzeichnis erstellt, was aber für die Barrierefreiheit des Dokuments wichtig wäre. Dieses musst du nachträglich in Acrobat erstellen und die Inhaltsverzeichniseinträge unterordnen. Auch verschachtelte Inhaltsverzeichnisse erhalten nicht automatisch eine verschachtelte Tag-Struktur. Auch das musst du nach der PDF-Erstellung in Acrobat erledigen.
◊ Sprachauszeichnung
Du kannst in InDesign einzelne Wörter oder längere Passagen einer anderen Sprache zuweisen. Sofern fremdsprachige Wörter oder Textpassagen vorhanden sind, solltest du dies auch tun, damit der Screenreader die korrekte Aussprache benutzt. Hierfür legst du zunächst ein Zeichenformat an und weist die entsprechende Sprache zu.
◊ Kursempfehlung
Im Kurs «Barrierefreie PDF-Dokumente (AAB)» lernst du die Punkte von oben Schritt für Schritt umzusetzen, sodass sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderung deine PDF-Dokumente lesen können. Du lernst dabei, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.