E-Commerce Report 2015 - Zusammenfassung Teil 3
Last but not least folgt hier Teil 3 der Zusammenfassung des E-Commerce Reports 2015 vom Lehrgangsverantwortlichen für den eCommerce Professional-Lehrgang Roger Basler.
Jahresschwerpunkt: Ticketing
Das elektronische Ausstellen von Reise- oder Veranstaltungstickets zählt schon zu den klassischen Domänen des E-Commerce. Dennoch lassen sich in diesem Bereich auch heute noch Innovationen beobachten, die zum Teil durch Mobile Commerce und neue Serviceleistungen getrieben werden. Auf diese Weise entstehen vielfältige Konzepte und Systeme für das Ticketing, dessen Marktpotenzial immens ist: Nach Angaben der Studienteilnehmer liegt der Wert der in der Schweiz im öffentlichen Verkehr verkauften Tickets bei über 4 Mrd CHF, bei Flügen bei gut 2 Mrd CHF und bei Veranstaltungstickets bei über 1 Mrd CHF. Im Bereich der Veranstaltungstickets erwirtschaften die Ticketing-Unternehmen aus rund 20 Mio Tickets einen Erlös von über 100 Mio CHF.
Die Mitte 2014 lancierte neue Website und Buchungsplattform von Swiss International Air Lines setzt in vielerlei Hinsicht Massstäbe. swiss.com setzt darauf, den Direktkontakt mit Swiss attraktiver zu machen. Die Website und der ganze Buchungsprozess sind in Responsive Design realisiert, so dass plattformunabhängig eine hohe Usability gewährleistet ist.
Von 75 % auf 90 % will die SBB den Anteil des selbstbedienten Ticketabsatzes bis 2023 erhöhen, der Anteil von Online- und Mobile-Tickets soll dann 50 % betragen. Das ist mehr als eine Verdreifachung gegenüber heute. Grund dafür sind die bei der SBB erforderlichen Kosteneinsparungen.
Die BLT Baselland Transport AG setzt einen neuen Massstab im Kleinen. Für die beiden Schlüsselfaktoren Kundenidentifikation und Zahlungsabwicklung findet die BLT Ticketing-App eine bestechende Lösung: Nach einer einmaligen Registrierung werden die Kunden über ihr Smartphone automatisch identifiziert. Die Zahlungsabwicklung erfolgt dann im Hintergrund durch den Payment Service Provider. Was im Frontend einfach erscheint, braucht im Backend gute Lösungen. So mussten einfach nutzbare und kostengünstige Zahlungsverfahren integriert werden. Die Tickets benötigen einen elektronischen Kontrollcode, der von den Kontrolleuren aller angeschlossenen Verkehrsbetriebe verifiziert werden kann.
parku: Private Parkplatzvermietung
Der Individualverkehr vor allem in Ballungsräumen leidet zunehmend an Parkplatznot. Die Kommunen bauen immer mehr Parkraum ab, um den Individualverkehr einzudämmen. Gleichzeitig stehen private Parkplätze in zunehmendem Masse leer, weil ihre Besitzer weniger Fahrzeuge haben oder den Parkplatz nur zeitweise nutzen. Die Sharing-Plattform der parku AG leistet einen Beitrag zur Lösung dieses Dilemmas, weil vorhandene Ressourcen besser genutzt werden: Autofahrer können über parku.ch oder die parku-App leerstehende Parkplätze von privaten Besitzern reservieren und bezahlen. Mit dem integrierten Navigationssystem (Google Maps) steuern sie den Parkplatz direkt an und vermeiden so unnötigen Suchverkehr. Momentan ist das in der Schweiz gegründete Unternehmen parku in der Schweiz und in Deutschland aktiv. Im Sommer 2015 soll die Expansion nach Österreich und in die Niederlande erfolgen.
kitag: Eigenvertrieb von Kinovorführungen
Die kitag AG 45 ist mit über 18‘000 Sitzplätzen in 84 Sälen in acht Städten die grösste Kinobetreiberin in der Deutschschweiz. kitag vertreibt seine Tickets selbst. Dazu wurde Ende 2014 eine neue Website lanciert. Diese regt Besucher durch Integration zahlreicher Medieninhalte zum Kinobesuch an. Kunden haben zudem die Möglichkeit, Filme zu bewerten, Freunde einzuladen und
Inhalte auf Social-Media-Plattformen zu teilen. Die integrierte Ticketing-Lösung unterstützt einen sitzplatzgenauen Verkauf und die Reservierung von Tickets über eine Responsive Website oder über Apps. Die Lösung ist in Echtzeit in das Kassensystem integriert, so dass das Angebot an Plätzen auf allen Kanälen jederzeit aktuell ist und Doppelbuchungen vermieden werden. Gekaufte E-Tickets ermöglichen direkten Saaleinlass und können auch an Freunde versendet werden. Das kostenpflichtige Kundenbindungsinstrument Carte bleue identifiziert die Besucher und generiert Profildaten, die für individualisierte Onlineinformationen und Newsletter verwertet werden. Gleichzeitig integriert die Carte bleue das Cashless-Payment-System Swisscom Natel® Pay. Neben den Tickets können so auch vergünstigte Kioskeinkäufe über die Telefonrechnung bezahlt werden.
TrekkSoft: Dienstleister-geschützter Eigenvertrieb von Freizeitaktivitäten
TrekkSoft entstand aus dem Vorhaben, für zwei Tourenveranstalter in Interlaken eine Buchungsplattform aufzubauen. Schnell zeigte sich, dass die nötigen Grössenvorteile nur dann realisiert werden können, wenn die Plattform von mehr Unternehmen getragen wird. So wurde eine SaaS-Lösung konzipiert, die von kleinen und grossen Veranstaltern sowohl für Ticketing und Teilnehmermanagement als auch zur Vermarktungs- und Distributionsunterstützung genutzt werden kann. TrekkSoft ist eine Self-Service-Lösung, in der die Kunden Einrichtung und Konfiguration weitestgehend selbst durchführen.
tixtec: Dienstleister-geschützter Eigenvertrieb von Veranstaltungen jeglicher Art
Die tixtec AG ist ein IT-Service-Provider für Veranstalter, die Vermarktung und Vertrieb ihrer Tickets auf einem hohen professionellen Niveau selbst organisieren wollen, ohne eine eigene IT-Plattform zu betreiben. Das Geschäftsmodell – im Branchenjargon als B2B-Lösung bezeichnet – gibt es seit langem und der Markt wird von einigen Studienteilnehmern als gesättigt angesehen. Dennoch brachte ein ausgewiesener Branchenkenner Ende 2013 mit tixtec ein neues Angebot auf den Markt. Mit ihm sollen Veranstalter mehr Wertschöpfung erzielen und selbst davon profitieren können. Im Zentrum steht, dass der Veranstalter selbst eine Beziehung zu den Veranstaltungsbesuchern pflegt, seinen Markenwert steigert und insbesondere das Potenzial der Kundendaten besser verwerten kann: „Im Direktvertrieb ist es entscheidend, seine Kunden zu kennen. Im klassischen indirekten Vertrieb bleiben die Kunden für den Veranstalter anonym, den Datenschatz baut der Ticketing-Anbieter auf“ meint George Egloff von tixtec.
Starticket: Erweiterte Ticketing-Dienstleistungen
Die Starticket AG ist eine Ticketing-Dienstleisterin in den Bereichen Konzerte, Festivals und mehr. Sie vertreibt jährlich rund zwei Millionen Tickets für 9‘000 Veranstaltungen. Starticket startete ihr offenes Angebot an Ticketing-Services 2003 als Geschäftsfeld der Cinerent Open Air AG. Starticket erweitert die Leistung des Ticket-Handlings um Vermarktungsleistungen. Die Identität als Vermarktungsdienstleister wird durch das Portal starticket.ch begründet. Aufsehen erregte Starticket durch die seinerzeit in der Schweiz neue print@home-Distribution, die bei jeder Veranstaltung angeboten wird. print@home vereinfacht die Ticketdistribution erheblich und reduziert die Kosten. Die Ticketcorner AG ist in der Schweiz der Massstab für Ticketing und mit Abstand die grösste Anbieterin. Bei über 15’000 Veranstaltungen im Jahr – darunter viele Grossveranstaltungen – kommen ihre Ticketvertriebslösungen zum Einsatz. Neben anderen betreibt Ticketcorner für Migros den Cumulus-Ticketshop. Solche White-LabelShops – das sind parallel unter dem Logo des Partners erscheinende Onlineshops – erhöhen das Verkaufspotenzial bei den Kommunikationsempfängern des Partners. Mit dem Angebot „Prime“ hat sich Ticketcorner eine zusätzliche Wertschöpfungsquelle rund um Veranstaltungen erschlossen: Bei Prime handelt es sich um VIPPackages oder spezielle Angebotskombinationen für exklusive Kunden- und Mitarbeiteranlässe.
Digitale Transformation im Ticketing
Im Ticketing haben sich die Strukturen bisher nur moderat verändert und das, obwohl Tickets heute in hohem Mass online bestellt werden und dank Smartphones einen rein digitalen Lebenszyklus aufweisen könnten. Weder ist ein globaler Pure Player à la Google oder Facebook in den Markt eingetreten, noch hat ein nationaler Player die Spielregeln grundlegend verändert.
Indirekter Vertrieb
Es gelten die typischen Vor- und Nachteile eines indirekten Vertriebs: Keine Notwendigkeit eigener Vertriebsinfrastruktur, Nutzung externer Vermarktungskompetenz, Präsenz auf dem jeweiligen Anbieterportal, besserer Zugang zu den Medien des jeweiligen Kozerns und allenfalls weiteren Vertriebs- und Kommunikationskanälen sind die Vorteile. Nachteilig sind, neben den abzutretenden Kommissionen, der fehlende eigene Kontakt zu potenziellen Kunden vor der Veranstaltung, die fehlende Differenzierung der eigenen Marke und des eigenen Angebots sowie der teilweise oder vollständige Verzicht auf Kundendaten. Letzteres limitiert die möglichen Kundenbindungsmassnahmen stark.
Direkter Vertrieb mit externen Lösungen
Für Veranstalter, die ihre Tickets selbst vermarkten wollen, bieten Dienstleister wie Ticketportal, Ticketino, SecuTix sowie die im Studienpanel vertretenen tixtec und TrekkSoft Softwarelösungen an. Sie wollen für die Veranstalter eine Alternative zu den oft als teuer wahrgenommenen Full-Service-Ticketing-Anbietern sein. Bei der tixtec-Lösung handelt es sich im Kern um eine konfigurierbare Business Software für unterschiedliche Veranstalter. Sie wird über das Internet bereitgestellt. Eine Besonderheit bei Veranstaltungstickets ist, dass Closed-Loop-Systeme benötigt werden. Das sind integrierte Systeme inklusive physischen Komponenten zur Einlasskontrolle am Veranstaltungsort. Auch TrekkSoft ist ein Anbieter, der seine Softwarelösung zur Publikation, Vermarktung via Drittplattformen und Ticketing über das Internet bereitstellt. Im Unterschied zur breit einsetzbaren tixtec-Lösung ist TrekkSoft auf ein ganz spezifisches Marktsegment ausgerichtet.
Den Anfang verpasst? Hier geht’s zu Teil 1 und Teil 2 der Zusammenfassung!