Echte Teamarbeit im Projekt – formale Arbeitsgruppe vs. Real Team

Ein Projektteam, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Abteilungen oder Organisationen, ist nicht vom ersten Tag an produktiv. Martin Bialas über die Findungsphase und Teamentwicklung.

Autor Martin Bialas
Datum 04.08.2015
Lesezeit 5 Minuten

Wir warten unser Leben lang auf den aussergewöhnlichen Menschen, statt die gewöhnlichen um uns her in solche zu verwandeln.
Hans Urs von Balthasar (1905–88)

Projektteams sollen komplexe Aufgaben, dokumentiert durch einen geeigneten Projektauftrag, innerhalb gegebener Rahmenbedingungen zu höchster Kundenzufriedenheit erledigen. Um dies in definierter Qualität mit festgelegten Terminvorgaben und im abgestimmten Kostenrahmen realisieren zu können, werden meist interdisziplinäre und Organisationseinheiten-übergreifende Teams für die Dauer des Projekts zusammengestellt.

Vermutlich kennen Sie die Situation. Dieses Team kommt zum Start des Projekts zusammen und beteuert im Rahmen eines Kick-offs, wie konstruktiv und offen es gemäss den definierten Zielen zusammenarbeiten wird. Bereits nach kurzer Zeit entwickelt sich eine Gruppendynamik, die durchaus speziell ausgeprägt sein kann. Viele Beteiligten wundern sich, was gerade passiert, aber finden in der Regel auch sehr gute Erklärungen und Interpretationen für das offensichtliche Verhalten der Beteiligten.

Wie sich Teams finden

Der amerikanischer Psychologe Bruce Tuckman hat bereits 1965 ein sehr hilfreiches Erklärungsmodell für die Entwicklung von Teams beschrieben:

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Stages of small group development, Bruce Tuckman
  • Forming (Findungsphase)
    Hier sind die Teammitglieder tendenziell höflich, distanziert, vorsichtig und suchen Orientierung hinsichtlich von Zielen und Rollen. Sie sind im Wesentlichen auf den Projektleiter fixiert.
  • Storming (Streitphase)
    Es bilden sich die ersten Cliquen, es entstehen mehr oder weniger offene Konflikte, das Vorankommen im Projekt wird als mühsam empfunden und eine unbestimmte Ausweglosigkeit zeichnet sich ab. Die tatsächliche Komplexität der Aufgabenstellung wird erkannt und die anfängliche Euphorie lässt nach.
  • Norming (Kontraktphase)
    Notwendigerweise entwickeln sich neue und für diese Gruppe in dieser Situation geeignetere Umgangsformen miteinander und damit verbunden auch neue (Spiel-)Regeln für die Beteiligten. Eine Feedbackkultur hält Einzug in die operative Teamarbeit, es gibt einen offenen Austausch über Meinungen und Gefühle.
  • Performing (Kooperationsphase)
    Erreicht ein Projektteam die Phase der Kooperation (Performing), arbeiten alle Gruppenmitglieder ausgesprochen solidarisch füreinander. Das Wir-Gefühl steht im Vordergrund, Gemeinschaft geht vor Individualität. Die Kreativität und Flexibilität steigt und man geht sehr offen miteinander um. Das Team ist auch inhaltlich ausgesprochen leistungsfähig und liefert qualitativ hochwertige Ergebnisse in passender Zeit und entsprechenden Kosten.

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Die Rolle des Projektleiters

Auch wenn sämtliche Projektmitglieder für den Teambildungsprozess verantwortlich sind, hat der Projektleiter doch einige Aufgaben, die den Prozess aktiv unterstützen können: (angelehnt an: «Personalamt des Kantons Bern / Abteilung Personalentwicklung, Gesundheit und Soziales»)

  • Generiert mit Projekt-Visionen Aufmerksamkeit und Interesse
  • Vermittelt durch transparente, klare und stets ehrliche Kommunikation Sinn und Bedeutung
  • Hört aktiv zu, stellt Fragen und führt damit
  • Kann überzeugen ohne zu überreden
  • Vereinbart Ziele mit den Projektteammitgliedern
  • Delegiert angemessen Verantwortung und Kompetenz
  • Unterstützt bei Schwierigkeiten, beseitigt Hemmnisse
  • Nimmt einen Standpunkt ein und bezieht Position
  • Interessiert sich für seine Mitarbeitenden, nimmt sich für diese Zeit, respektiert sie und anerkennt sie ernsthaft und echt
  • Vertraut seinem Team
  • Kann ein Team zusammenschweissen und auf ein gemeinsames Ziel ausrichten
  • Schafft Freiräume
  • Gesteht eigene Fehler ein, ist für konstruktive Kritik offen, anerkennt die höheren Kompetenzen einzelner Mitarbeitenden, ist bereit, persönliche Schwächen zu beheben und versucht aus Fehlern zu lernen
  • Erfragt Ängste und spricht Konflikte an, versucht auch in Konfliktsituationen die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu halten und ermöglicht dank regelmässigen Gesprächen, dass aufkommende Probleme oft bereits in einem frühen Stadium bereinigt werden können
  • Erkennt Stärken und sieht, wie man Schwächen kompensieren kann
  • Gibt Hilfe zur Selbsthilfe
  • Begeistert für eine ziel- und lösungsorientierte Aufgabenbewältigung

Real Team vs. formale Arbeitsgruppe

Teams, die es nach diesem Erklärungsmodell bis in die Phase des «Performing» geschafft haben, sehen sich als «real team». Im Gegensatz zu einer «formalen Arbeitsgruppe» hat das Team erkannt, dass man (nur) Erfolg hat, wenn man als geschlossenes, füreinander einstehendes und stark selbstreflektierendes Team konstruktiv, kooperativ und kollaborativ an dem von allen verinnerlichten Zielen arbeitet.

Mit einer Hand lässt sich kein Knoten knüpfen.
(unbekannt, aus der Mongolei)

Bleiben Sie interessiert!


Über den Autor

Martin Bialas

Martin Bialas, Geschäftsführer der diventis GmbH, Arlesheim (BL), hat über 25 Jahre Praxiserfahrung im Bereich Projektmanagement. Mit Leidenschaft und Herzblut beschäftigt er sich mit der Integration von Projektmanagement Methodik und Softwareunterstützung in Unternehmen unterschiedlicher Grösse. Er begleitet Projektbeteiligte sowohl auf der strukturellen als auch auf der kulturellen, verhaltensorientierten Ebene. Er ist NLP Master und Mediator. Martin Bialas ist IPMA-zertifizierter «Programme und Portfolio Management Consultant (PPMC)», Fachgruppenleiter der Fachgruppe «Software für PM-Aufgaben» sowie Assessor für den Deutschen Project Excellence Award 2016 der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. und Assessor für IPMA Delta.